Wie im Kino

Standpunkt von Hans-Dieter Schütt

  • Lesedauer: 2 Min.

Heute beginnen die Internationalen Berliner Filmfestspiele. Glamourfeier trifft auf Gewissensforschung. Immer wieder seelenzwickend: der Widerspruch zwischen dem Brodeln der Welt und dem Perlen jenes Leichten und Seichten, das solchen Festivals eigen bleibt. Film ist im Grunde nichts weiter als eine geschickte, reizvolle, fantasiegetriebene Verteilung von Licht und Schatten - aber welch eine Kunst, mit diesem technischen Wechsel-Spiel zum Erzähler tollster Geschichten zu werden. Wichtig, dies Unterscheidungsvermögen zwischen Hell und Dunkel, Aufklarung und Finsternis - das gilt nicht nur für den Film.

Auch fürs Leben. Denn jeden Morgen betreten wir den Drehort, der Alltag heißt. Wer führt Regie? Sind wir Protagonisten, Statisten? Keiner hat ein Drehbuch, das ihm genau voraussagt, ob die heutigen Stunden sich zur Komödie oder Tragödie neigen. Filmfestival? Weit weg für den, der keine Tickets besitzt. Aber doch ein guter Anlass - um sich bewusster so zu verhalten, dass man nicht trüb denken muss, man sei im falschen Film. Lachen wir also jeder Überwachungskamera einladend entgegen. Amüsieren wir uns über das große Festival der Selbstdarsteller, das um uns herum stattfindet. Lassen wir uns nicht von den Schein-Werfern täuschen, deren Märkte und Masken uns umzingeln. Probieren wir den Tag mit weniger Schminke als gestern. Wagen wir im Hexenkessel der Lautstärken ein paar Minuten - Stummfilm. Und kehren wir nicht mehr so viel unter den Teppich unseres Lebens, Auf dass er nicht rot werde - vor Scham. Hoffen wir auf ein Happy End!

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