Kommunen am Abgrund

Zahlreiche Gemeinden befinden sich in schweren finanziellen Nöten

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Kluft zwischen finanzstarken und armen Städten wächst. Der Deutsche Städtetag fordert nun mehr Hilfen von Bund und Ländern.

Viele Städte und Kommunen in Deutschland haben immer größere Schwierigkeiten, ihre Ausgaben zu bewältigen. Im vergangenen Jahr sind die Kassenkredite auf mehr als 44 Milliarden Euro gewachsen. »Das ist ein neuer Rekordwert«, erklärte gestern der Münchner Oberbürgermeister und Präsident des Deutschen Städtetages Christian Ude vor der Bundespressekonferenz in Berlin.

Nach Angaben von Ude sind etwa zehn Prozent der Kommunen in einer sehr schlechten wirtschaftlichen Verfassung. Während es Städten in strukturschwachen Regionen wie etwa im Saarland, dem Ruhrgebiet, Rheinland-Pfalz sowie in Teilen von Sachsen-Anhalt und Hessen finanziell immer schlechter geht, haben etwa München und Düsseldorf von der guten konjunkturellen Entwicklung im vergangenen Jahr profitiert. Als Folge der Finanznot wächst auch der Druck, öffentliches Eigentum zu privatisieren. Und damit werden die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen weiter eingeschränkt.

Eine wichtige Rolle auf der Einnahmeseite der Städte spielt dagegen die Gewerbesteuer. Ihr bundesweites Volumen wird in diesem Jahr voraussichtlich 42,5 Milliarden Euro betragen. Das ist mehr als jemals zuvor. 2011 ist nach Angaben des Deutschen Städtetages das Jahresdefizit der Kommunen gegenüber dem Vorjahr von 7,7 Milliarden Euro auf 2,5 Milliarden Euro zurückgegangen. In diesem Jahr wird insgesamt ein Einnahmeüberschuss von zwei Milliarden Euro erwartet.

Ude appellierte an die Bundes- und Landespolitik, den finanzschwachen Kommunen stärker unter die Arme zu greifen. Aus eigener Kraft könnten sie sich nicht helfen. Der Spitzenkandidat der bayerischen SPD begrüßte grundsätzlich die Entschuldungsprogramme der Länder. Allerdings müssen Städte, wenn sie Leistungen aus diesen Programmen erhalten wollen, harte Sparmaßnahmen leisten.

Zudem warnte Ude vor den Folgen der »Schuldenbremse«. Die Länder dürften aufgrund des Konsolidierungsdrucks nicht Lasten auf die Kommunen abwälzen, um ihren eigenen Haushalt schönzurechnen. »Jede Ebene muss zuerst und vor allem im eigenen Verantwortungsbereich sparen«, sagte Ude.

Stephan Articus, Hauptgeschäftsführer des Städtetages, verwies auf die wachsenden Sozialausgaben der Kommunen. Diese werden laut Prognose der kommunalen Spitzenverbände in diesem Jahr mehr als 45 Milliarden Euro betragen. Entlastungen sind immerhin bei der Grundsicherung im Alter vorgesehen. Der Anteil der Bundesregierung steigt nun von 15 auf 45 Prozent. Außerdem wurde vereinbart, dass der Bund im Jahr 2013 75 Prozent und ab 2014 die vollständigen Kosten übernehmen wird.

Große Probleme haben zahlreiche Kommunen bei der Finanzierung der Betreuungsplätze für ein- bis dreijährige Kinder. Eltern haben hierauf ab 2013 einen Rechtsanspruch. Die Chancen, schon bald ein flächendeckendes Krippenangebot zu schaffen, sehe er äußerst skeptisch, erklärte Ude. Einige Regionen hätten die Vorgaben bereits umgesetzt, andere wie etwa in Nordrhein-Westfalen liegen hierbei jedoch deutlich zurück.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.