Vor dem Angriff auf Iran?
Friedensbewegung: Gefährliche Eskalation am Persischen Golf / Sanktionspolitik des Westens in der Kritik
Die Situation am Persischen Golf spitzt sich zu. Das jedenfalls meinen Vertreter der deutschen Friedensbewegung, die gestern den Aufruf »Friedens- statt Kriegspolitik im Irankonflikt - Sanktionen und Kriegsdrohungen sofort beenden« vorgestellt haben. Ihrer Meinung nach hat der Konflikt zwischen Iran, Israel, der EU und den USA eine Stufe erreicht, die einen Angriff auf die Islamische Republik immer wahrscheinlicher werden lässt. Deshalb wird in dem Aufruf unter anderem ein Nichtangriffspakt zwischen Israel, USA und Iran sowie ein Ende der »riskanten Sanktionseskalation« gefordert.
Befeuert wird der Konflikt von neuen Sanktionen des Westens gegen die Islamische Republik. Die Europäische Union hat kürzlich beschlossen, ab Juli kein Erdöl mehr von Iran zu kaufen. Außerdem werden Guthaben der iranischen Zentralbank eingefroren. Auch Washington blockiert Vermögenswerte des Finanzinstituts.
Die Iraner sehen sich durch die Sanktionspolitik zum Handeln genötigt, meint der Politikwissenschaftler Mohssen Massarrat, einer der Initiatoren des Aufrufes. Und Iran hat gehandelt: Vor wenigen Tagen entschied die Regierung in Teheran, kein Öl mehr nach Frankreich und Großbritannien auszuliefern.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist das iranische Atomprogramm. Israel, die Vereinigten Staaten und die Mehrheit der europäischen Staaten behaupten steif und fest, Iran würde heimlich an der Entwicklung von Atomwaffen arbeiten. Das jedoch konnte bisher nicht bewiesen werden. Nach Auffassung von Reiner Braun von den Juristen und Juristinnen gegen atomare, biologische und chemische Waffen könne Iran rechtlich nichts vorgeworfen werden. So sehr man die Kernenergie auch ablehne, sagt Braun, ihre friedliche Nutzung sei durch internationale Verträge garantiert. »Dagegen ist jeder Angriff auf Iran ein Bruch des Völkerrecht.«
Doch geht es wirklich um das Atomprogramm. Oder steckt nicht eigentlich was ganz anderes hinter dem Konflikt, wie Massarrat vermutet. Wahrscheinlicher ist, dass Israel sein Atommonopol in der Region bewahren will, so der gebürtige Iraner. In der Tat: Israel scheint die treibende Kraft gegen Iran zu sein; das Land fühlt sich durch die regierenden Mullahs in seiner Existenz bedroht.
Der Konflikt ist festgefahren, beide Parteien beharren auf ihrem Standpunkt. Ist eine militärische Eskalation also programmiert? »Die friedlichen Mittel zur Lösung der Krise am Golf sind längst nicht ausgeschöpft«, meint die Schriftstellerin Daniela Dahn. Die Staatskunst bestehe darin, diese Mittel zu finden. Dazu sind beide Seiten aufgefordert, sagt Dahn, die Iraner wie auch der Westen.
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