Ein Mann der leisen Veränderungen
MEDIENinside: Intendantenwechsel beim ZDF - ein Rückblick auf die Amtszeit von Markus Schächter
Personalwechsel an der Spitze von Medienkonzernen sind eigentlich nichts ungewöhnliches. Wenn aber beim ZDF das Führungspersonal ausgetauscht wird, dann ist das zwar ebenfalls eher ein normaler Vorgang, aber dennoch auch ein Einschnitt. Markus Schächter, der vor wenigen Tagen aus dem Amt geschiedene Intendant des ZDF, war erst der vierte auf diesem Posten in den zurückliegenden 60 Jahren.
So unspektakulär sein Abschied, so spektakulär war sein Amtsantritt. Es war für viele eine Überraschung, als der heute 62-Jährige vor elf Jahren im fünften Wahlgang gewählt wurde. Zuvor hatten sich die CDU- bzw. SPD-nahen Freundeskreise blockiert und jeden Kandidaten an der notwendigen Drei-Fünftel-Mehrheit scheitern lassen. Gewählt wurde Markus Schächter, wie alle seine Vorgänger und auch sein Nachfolger Thomas Bellut, von einem Fernsehrat, dessen Besetzung der anstehenden verfassungsrechtlichen Überprüfung beim Bundesverfassungsgericht kaum standhalten wird. 57 Vertreter - also 74 Prozent - werden von den Ministerpräsidenten bestimmt.
Markus Schächter war kein Mann der Konfrontation, der Zuspitzung. Dies zeigte sich insbesondere in der Causa Brender. Er schöpfte nicht alle Mittel aus, seinen Chefredakteur Nikolaus Brender im Amt zu halten. Der war der Unions-Mehrheit im ZDF-Verwaltungsrat ein Dorn im Auge.
Es lag auch mit an Markus Schächter, dass sich die Protagonisten von ARD und ZDF sowie privaten Rundfunk und Zeitungsverlegern aus den Schützengräben, in denen sie jahrelang verharrten, aufeinander zu bewegten. So startete das ZDF 2008 die Online-Video-Kooperation mit »Zeit Online« und lieferte u.a. das ZDF-Nachrichtenformat »ZDF 100-Sekunden«. ARD-Sender folgten diesem Modell. Viele Kämpfe zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem TV scheinen nur noch für die Öffentlichkeit inszeniert zu sein.
Es ist wesentlich sein Verdienst, dass sich die Deutsche Content Allianz gründete, ein Zusammenschluss von ARD, ZDF, VPRT, Produzentenallianz sowie weiteren Verbänden. Diese »alten« Medienanbieter wollen sich und ihre Verwertungsmodelle in die neue Zeit retten. Zuletzt forderte diese Allianz sogar die Bundesregierung auf, die Vereinbarung zum Urheberschutz ACTA schnellstmöglich zu unterzeichnen.
Während er immer neue Bündnisse schmiedete, zeigte sich das ZDF in Verhandlungen wie im Umgang mit denjenigen, die originäre öffentlich-rechtliche Inhalte liefern, wie zum Beispiel die Dokumentarfilmer, besonders hartleibig. Zuletzt schien ihm manchmal sein gutes Gespür verloren gegangen zu sein. Er ging öfter einen Schritt zu weit. So als er in den letzten Jahren nicht, wie versprochen, Stellen abbaute, sondern zusätzliches Personal für die Digitalkanäle und die Mediathek einstellte. Früher hätte ihm das die KEF, die die Rundfunkgebühr ermittelt, durchgehen lassen. Doch dass diese Zeit der Vorzugsbehandlung vorbei ist, hatte er nicht erkannt.
Markus Schächter sieht das ZDF auch in Konkurrenz zur ARD. Die Medienpolitik hatte diesen Wettbewerb, wie auch den mit den privaten Sendern gewollt. Doch der Kampf um Marktanteile ging öfter zu Lasten öffentlich-rechtlichen Profils.
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