Kartellwächter im iBookstore
Apple und fünf Verlagshäuser sollen in den USA illegal Preise abgesprochen haben
Auf dem deutschen Büchermarkt sind E-Books mit einem Umsatzanteil von 0,7 Prozent noch nicht einmal als Nischenprodukt zu bezeichnen. In den USA sieht es anders aus: Auf immerhin zehn Prozent Marktanteil bringen es die digitalen Werke bereits. Es war vor allem der Onlinebuchhändler Amazon, der nach der Einführung seines elektronischen Lesegerätes Kindle im Jahr 2007 viele Bestseller für gerade mal 9,99 Dollar anbot und damit für den Durchbruch des papierlosen Lesens sorgte. Für Verlage waren dies schlicht Kampfpreise, die darüber hinaus das Geschäft mit gedruckten Büchern in Gefahr brachten. Sogar eine große Buchhandelskette ging angesichts der Entwicklung pleite: Borders.
Zu den Großen auf dem boomenden E-Books-Markt gehört inzwischen auch Apple - der US-Elektronikkonzern verkauft längst nicht mehr nur Computer, Musikabspielgeräte und Mobiltelefone Geschäfte. Auch der Handel mit elektronischen Musiktiteln, kleinen Programmen fürs Smartphone und eben auch mit E-Books gehört zu den Umsatzbringern.
Nach Ansicht des US-Justizministeriums geht es hierbei aber nicht mit rechten Dingen zu. Die Kartellwächter haben gegen Apple und fünf große Verlage wegen illegaler Preisabsprachen eine Klage eingereicht. »Wir sind der Überzeugung, dass die Kunden als Folge dieser Vereinbarung für populäre Titel Millionen Dollar zuviel gezahlt haben«, erklärte US-Justizminister Eric Holder am Mittwoch (Ortszeit) in Washington. Zuvor hatten die Behörden den Markt über Monate durchleuchtet. Parallel haben die Generalstaatsanwälte von 16 US-Bundesstaaten eine eigene Klage in Texas eingereicht. Sie bezifferten den Schaden durch die Preisabsprachen auf mehr als 100 Millionen Dollar und wollen erreichen, dass die Kunden entschädigt werden.
Konkret geht es um das sogenannte Agentur-Modell, das beim Apple-Eintritt in den Markt mit E-Books startete. Als der Konzern Anfang 2010 in den USA seinen ersten iPad herausbrachte, enthielt der neuartige Mini-PC mit Touchscreen auch einen E-Books-Reader, auf dem der Shop iBook-store integriert ist, über den Verlage ihre digitalen Bücher verkaufen können. Apple bekommt 30 Prozent vom Verkaufspreis eines E-Books. Bei dem Agentur-Modell bestimmen die Verlage und nicht der Händler den Preis der E-Books; zudem wurden günstigere Preise als im iBookstore untersagt. Die US-Kartellwächter vermuten, dass dem Wechsel des Preismodells verbotene Absprachen vorausgingen. In der Praxis setzte sich ein Preis von 13 bis 15 Dollar für ein neuerschienenes Buch durch - wegen der Marktmacht Apples auch bei anderen großen Händlern. Auch Amazon musste sich damals der Buchbranche beugen.
Wie es heißt, haben drei der Verlage inzwischen einer außergerichtlichen Einigung mit dem US-Justizministerium zugestimmt: Hachette (gehört zur französischen Lagardère-Gruppe), Harper Collins (News Corp.) sowie Simon & Schuster (CBS). Die Einigung beinhaltet den Ausstieg aus dem Agentur-Modell mit Apple und anderen Händlern, die Möglichkeit von Rabatten sowie die Benennung interner Antitrust-Verantwortlicher, die die Einhaltung der Regeln überwachen.
Dagegen wagen Apple und zwei Verlage - Penguin sowie das Verlagshaus Macmillian, das zur deutschen Mediengruppe Georg von Holtzbrinck gehört - die Kraftprobe mit den Kartellbehörden. Macmillan-Chef John Sargent beteuert, es habe keine unerlaubten Absprachen gegeben. Zudem warnte er , durch eine Rückkehr zur »vorherigen Monopolposition« von Amazon würden langfristig alle Schaden nehmen, die ihren Lebensunterhalt mit Büchern bestreiten.
Deutschland ist von solchen Rechtsstreitigkeiten nicht betroffen. Mit der Buchpreisbindung, die inzwischen faktisch auch für E-Books gilt, hat eine dem Agentur-Modell ähnelnde Regelung Gesetzeskraft. Buchverlage müssen einen Preis für ihre Erzeugnisse festlegen; Rabatte sind Händlern untersagt. Allerdings ermittelt die EU-Kommission seit Dezember gegen die Verlage und Apple wegen des Verdachts auf Kartellbildung. Hier haben die Beschuldigten allerdings selbst Vorschläge für eine Einigung gemacht. Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia spricht von »fruchtbaren Diskussionen«.
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