Offensive am Hindukusch

Kommentar von Olaf Standke

  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist, als wollten die Taliban die NATO Lügen strafen. Das Hauptquartier des Nordatlantik-Paktes hatte gerade immer weniger Angriffe der Islamisten in Afghanistan konstatiert und vom »längsten anhaltenden Abwärtstrend« gesprochen, den man am Hindukusch jemals registriert habe. Am Wochenende überzogen die Aufständischen das ganze Land gleich mit einer Serie von Anschlägen. Zu den Zielen gehörten mehrere Botschaften in der Hauptstadt, auch die deutsche Vertretung meldete Schäden. Und da neben dem zentralen Diplomatenviertel das Parlament in Kabul angegriffen wurde, darf man davon ausgehen, dass die Taliban nicht zuletzt die symbolische Wirkung ihrer koordinierten Kommandoaktion im Auge hatten.

Sie verkündeten jetzt den Beginn einer Frühjahrsoffensive - gegen die ausländischen Truppen wie die afghanischen Sicherheitskräfte der Regierung Karsai. US-General John Allen, der Kommandeur der Internationalen Schutztruppe (ISAF), geht sogar davon aus, dass nahtlos eine Sommeroffensive mit schweren Gefechten folgen dürfte. Der Krieg geht also allen Schönwetter-Statistiken zum Trotz auch in seinem elften Jahr in unverminderter Härte und allem voran zu Lasten der afghanischen Zivilbevölkerung weiter.

Das macht auch die Aufgabe des neuen Chefs des Friedensrates in Kabul so schwierig. Salahuddin Rabbani, Sohn des vor fast sieben Monate ermordeten Ex-Präsidenten Burhanuddin Rabbani, soll in Nachfolge seines Vaters die »nationale Einheit« voranbringen, das heißt, die fundamentalistischen Taliban in den inneren Versöhnungsprozess des Landes einbeziehen. Damit will man ein Abrutschen Afghanistans in einen Bürgerkrieg nach dem Ende der militärischen Besatzung verhindern. Doch haben die Taliban die zaghaft begonnenen Gespräche mit Washington nach den Koran-Verbrennungen auf einem US-amerikanischen Stützpunkt und dem nächtlichen Amoklauf eines US-Soldaten gegen die Bewohner eines afghanischen Dorfes inzwischen ausgesetzt. Salahuddin Rabbani wurde jetzt mit den Worten zitiert, die innere Befriedung des Landes werde es erleichtern, die ausländischen Truppen abzuziehen. Das gilt umgekehrt nicht weniger. Schon eine Waffenruhe wäre hier ein wichtiges Zeichen.

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