Hoch zu Fuß

Die Schauspielerin, Regisseurin, Hochschullehrerin Jutta Hoffmann: Buchvorstellung bei »nd im club«

  • Marion Pietrzok
  • Lesedauer: 3 Min.

»Für Jutta Hoffmann bin ich sonst wohin gefahren.« - Der erste Satz im Buch »Jutta Hoffmann. Schauspielerin«, mit dem Filmpublizist Ralf Schenk auch sein Porträt der »Gelsomina von Babelsberg« einleitet. Dieser Satz passt beinahe auf »nd im club« am Mittwochabend. Es kamen viele, eine Frau wiederzusehen - und zwar nicht nur per Distanzmedien Film, Theater, Fernsehen -, die ihnen jahrzehntelang Begleiterin war.

»Ich will ganz etwas Inniges sagen: Ich liebe Sie«, schrieb der großen Schauspielerin eine ihrer Schülerinnen (der Brief ist eines der Dokumente im soeben erschienenen, vom Filmmuseum Potsdam herausgegebenen Band). Ebenso Pathos, unausgesprochen und doch präsent, bei der Buchvorstellung im »nd«. Ein sich durch Anwesenheit formulierender Dank an die Künstlerin für ihre Spiegelung der eigenen Erfahrungen, Gedanken, Gefühle, für die Darstellung all dessen, was man von sich selbst erzählen möchte.

»Ich habe mir immer vorgestellt, für wen ich spiele«, sagt Jutta Hoffmann, und macht - das »wen« bekräftigend - temperamentvoll eine Geste mit den Händen. Ja, »weg von die Leut'« spielen, wie im Westen usus, das war nie ihre Sache. Nach Brecht - nicht etwa nach dem verstaubten und noch in den 50er, 60er (Jutta Hoffmanns Studien-)Jahren an der Deutschen Filmhochschule Potsdam-Babelsberg gelehrten Stanislawski: Schauspielkunst und Zuschauerkunst dürfen nicht zwei Paar Schuhe sein.

Im Osten hatte sie stets die Gewissheit, verstanden zu werden. Im Westen, wohin die Biermann-Petitions-Unterzeichnerin Anfang der 80er getrieben worden war, in dieser Gegend von l’art pour l’art, da habe sie sich gefragt: Wie mache ich es jetzt? Sie, 1941 in Ammendorf bei Halle geboren, erinnerte sich an Menschen, die sie von früher kannte. Und dann hatte sie den Schlüssel: Ich gebe den Leuten, indem ich spiele, eine Sprache. So hat sie's auch hier geschafft, es machte »Klick« bei den Zuschauern im Theater.

Dass Jutta Hoffmann dabei in ihrer unvergleichlichen Art das »Klick« »darstellt« - Geste mit der Hand, Schnalzen -, das ist einer der Momente, die zum Live-Erlebnis einer Buchvorstellung gehören. »Sie wirkt zart und ist zäh. Sie erscheint nahbar und ist unnahbar wie jeder große Künstler. Sie geht zu Fuß durchs Leben, aber gewissermaßen: hoch zu Fuß.« Ein Kritiker-Zitat in einem der Buchbeiträge, das auch charakterisieren könnte, wie Jutta Hoffmann am »nd-im-club«-Abend erschien. Das Attribut »zäh« ist nicht zu beurteilen. Aber immer noch sind da ihre Jugendlichkeit der Figur und der Bewegungen, der Klang ihrer Stimme und die Bestimmtheit und Souveränität in dem, was sie sagt. So kennt man sie aus ihren Rollen, den »Liebenswerten, Komischen, Naiven, Selbstbewussten, Arbeiterinnenschönen und Adelskecken«, wie »nd« schrieb.

Jutta Hoffmann erzählt im Gespräch mit »nd«-Redakteur Hans-Dieter Schütt aus ihrem Leben freimütig, sachlich, wunderbar anschaulich. Dass sie von Deutschlands Regie-Elite große Rollen bekam und die deutsche Film- und Theaterkunst in wesentlichem Maße prägte - sie sieht es (mit natürlicher Bescheidenheit) als äußere Fügung. »Ich hatte einfach Glück.« Doch man ahnt, es war nicht bloß Glück. Es lag an ihrem unbedingten Lernwillen und daran, dass sie eine Besondere war - und ist.

Peter Warnecke/ Birgit Scholz: Jutta Hoffmann. Schauspielerin. Das Neue Berlin. 192 S., geb., 19,95 €. Zu bestellen im nd-shop: 030/2978-1777 oder shop@nd-online.de

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