PLATTENBAU
Endlich, werden viele sagen, die schon zu DDR-Zeiten Singer/Songwriter-Musik mochten. Nur, dass man seinerzeit dieses Vokabular nicht benutzte. Singer/Songwriter hieß damals schlicht »Liedermacher«. Unter den vielen, die es seinerzeit in dem kleinen Land gab, tat sich ein Duo namens Pension Volkmann hervor, das poppige Melodien auf akustischer Gitarre mit grandiosen Texten paarte.
Das Duo war aber eigentlich ein Trio, denn neben den beiden Musikern Peter Butschke und Reinhard Sonnenberg-Buchholz gehörte Werner Karma dazu, der zwar nicht auf der Bühne mitwirkte, aber für sämtliche Texte der Formation zuständig war. Karma war und ist heute noch Haus- und Hoftexter von Silly. Auch das jüngste Silly-Album »Alles rot« stammt aus seiner Feder.
Der begnadete Gitarrist Sonnen-berg-Buchholz harmonierte mit Butschkes unverwechselbarer Stimme auf der Bühne hervorragend, was die Fangemeinde der Pension Volkmann sehr schnell wachsen ließ. Zwei AMIGA-Alben entstanden, die von Fans und Kritikern gleichermaßen gefeiert wurden, denn selten erlebte man eine derart gelungene Mischung.
Bei der Pension Volkmann stimmte einfach alles. Wem sonstige Liedermacher zu DDR-Zeiten zu fade und zu langweilig waren, kam hier wegen unverwechselbar eingängiger Musik und klarer textlicher Ansprache voll auf seine Kosten. Titel wie »Die Gefühle« oder »Satt zu essen« wurden regelrechte Hits.
Das einzige Nachwende-Album »Traumtänzer« war 1993 immerhin ein Lebenszeichen. Dann wurde es still um die Pension Volkmann und im Jahr 2007 erlosch eigentlich das Lebenslicht, denn Reinhard Sonnenberg-Buchholz verstarb nach langer Krankheit. Peter Butschke gönnte sich jedoch keine Schaffenspause. Er schrieb fleißig weiter Songs, begann zu malen und ging unter anderem als Butschke e.V. auf Tour.
In diesem Jahr nun brach aus Butschke der Folkmann wieder heraus. Er scharte ein paar Musiker als Band um sich, vereinigte sich wieder mit dem Texter Werner Karma und strich die Pension aus dem Bandnamen. Vor ein paar Wochen nun erschien die neue Volkmann-CD »Dreh mich um«, die so wunderbar bissig-ironisch und dennoch melodiös und musikalisch gekonnt klingt, wie zu guten alten Pensions-Zeiten.
Dennoch ist die neue CD eine klare Weiterentwicklung, Stillstand war noch nie Butschkes Ding. Geblieben ist jedoch das, was die Volkmann-Musik schon immer ausmachte: Karma-Texte, die ins Mark gehen, Butschkes unverwechselbare Stimme und erdige, handgemachte Musik.
Drei Titel von »Dreh mich um« textete Butschke selbst, alle anderen stammen aus der Karma-Feder. Auch fürs Komponieren zeichnete Butschke selbst verantwortlich. Schön ist aber auch, dass mit dem Titel »Fliehkraft« eine bisher unveröffentlichte Komposition von Reinhard Sonnenberg-Buchholz auf dem Album enthalten ist.
Auch wenn ein Titel »Rolle rückwärts« heißt, ist dieses Album ein großer Sprung nach vorn. Man kann der ehemaligen Pension nur wünschen, dass sie auch heute noch viele Gäste bekommt.
Volkmann: Dreh mich um (Dunefish/ SPV)
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