Costa-Kapitän: Es war ein banaler Unfall
Francesco Schettino sieht sich selbst als Opfer
Der Kapitän des vor der italienischen Küste gekenterten Kreuzfahrtschiffs »Costa Concordia« spielt das Unglück herunter. »Es war ein banaler Unfall, der wegen des Zusammenspiels menschlicher Handlungen tödliche Folgen hatte«, sagte Francesco Schettino am Dienstagabend in seinem ersten Interview seit dem Unglück vor einem halben Jahr. Er sei selbst »Opfer des Systems« und glaube nicht, »ein Verbrechen begangen zu haben«, sagte Schettino dem italienischen Privatsender Canale 5. Dennoch laste das »Gewicht der 32 Todesopfer« auf seinem Gewissen, und er wolle »alle um Vergebung bitten«.
Die Costa Concordia war am 13. Januar mit über 4000 Menschen an Bord vor der Toskana-Insel Giglio auf einen Felsen gelaufen und gekentert, 32 Menschen starben. Schettino soll das Unglück verursacht haben, weil er zu nah an die Küste von Giglio heranfuhr. Dann soll er die Evakuierung verzögert und das Schiff vorzeitig verlassen haben. Vor einer Woche wurde er aus dem Hausarrest entlassen, sein Redeverbot gegenüber den Medien wurde aufgehoben. Für das Fernsehinterview soll er italienischen Medienberichten zufolge 50 000 Euro erhalten haben, der Sender dementiert dies aber.
Schettino sagte, er sei zum Unglückszeitpunkt von einem Telefonanruf abgelenkt worden. Doch hätten andere Crew-Mitglieder sehen müssen, wie nah das Schiff bereits an den Felsen vor der Insel gewesen sei: »Es war, als hätten alle Gehirne und Instrumente an Bord einen Kurzschluss gehabt.« Er wolle, dass die ganze Wahrheit über das Unglück ans Tageslicht komme, versicherte Schettino.
Der ermittelnde Staatsanwalt Francesco Verusio zeigte sich verärgert über die »Lügen« des Unglückskapitäns. Die Geschehnisse auf der Brücke sprächen eine deutliche Sprache, sagte er der »La Stampa«. Nach seiner Festnahme habe Schettino gesagt, er habe eine Dummheit begangen, jetzt stelle er sich als perfekter Schiffsführer dar - »das ist einfach unglaublich«, sagte Verusio. Im Interview meinte Schettino, er habe mit »Gottes Hilfe« durch ein rasches Manöver Schlimmeres verhindert. AFP
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