Finanzberater im Schulunterricht

Bildungsrauschen

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 2 Min.

Seit 2010 existiert der Verein »Geldlehrer Deutschland«, der Vermögens- und Finanzberater trainiert, Schüler in Geldthemen zu schulen. Die angehenden Dozenten müssen neben 2900 Euro auch die Unterrichtsmaterialien aufbringen. »Dies mache«, so Stefanie Scheuer auf www.zeit.de, den Dozenten »nichts aus«, denn diese wollten »ihren Schülern so viel beibringen, dass Banker ihnen keine schlechten Produkte mehr verkaufen können.« (bit.ly/MFvodr). Verbraucherzentralen bewerten das jedoch als »Bildungslobbying«, weil Schülern auch ohne direkte Werbung zu »Lebensversicherungen oder Bausparverträgen« geraten wird. Kaum ein User ist begeistert.

WABler ruft: »N a t ü r l i c h macht ihr das nichts aus. Schließlich ist das eine Investition! Das ganze ist ein Geschäft und sonst nichts! Oder glaubt jemand tatsächlich an so viel Selbstlosigkeit und Nächstenliebe? Ich jedenfalls nicht!« Peip sieht hierin ein »beschämendes Lobbyistentum. Nichts gegen selbstständige Vermögensberater, aber hier macht man doch den Bock zum Gärtner. Leute, die von Finanzdienstleistungen leben, lehren Schüler, warum Finanzdienstleistungen wichtig sind. Na Klasse, die nächste Stunde ist dann der Sicherheitsexperte von Mercedes im Klassenraum. Das ist schon fast normal, wenn der Staat sich weniger als Freiheitsgarant sondern als Sozialingenieur betätigt und in jeder Lebenslage genau weiß, was richtig und was falsch ist, aber im Zweifelsfall keine Verantwortung übernimmt.«

Für kassandra_k wird »so Schülern Skepsis gegenüber den sozialen Sicherungssystemen eingeimpft, damit sie als Erwachsene überhaupt gar nicht mehr den Anspruch erheben, dass diese in einer sozialen und demokratischen Marktwirtschaft funktionieren und erhalten bleiben. Nein, bereits die Kinder werden darauf vorbereitet, später klaglos privat Versicherungen abzuschließen für Rente, Erwerbsunfähigkeit, Krankenbehandlung, damit die Abwicklung eines solidarisch finanzierten Versicherungssystems zugunsten einer global agierenden und profitmaximierenden Versicherungsindustrie nicht auf Widerstand stößt. Und die Schulen unterstützen das in grenzenloser Naivität!« clair 11 findet das eine »einseitige Beratung. Und natürlich werden die Schüler nicht aufgeklärt, was passiert, wenn sie wegen Arbeitslosigkeit o.ä. ihr Haus nicht mehr abbezahlen können oder wenn sie mit 45 berufsbedingt umziehen müssen:«

Humanist meint allerdings, da »viele Jugendlichen heute schon mit Summen bis 10 000 Euro verschuldet sind, muss man davon ausgehen, dass Kinder und Jugendliche nicht mit Geld umgehen können. Also wäre ein Finanzberater im Klassenzimmer keine schlechte Idee, oder auch Ökonomie als Teil eines Faches.«


Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.