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Der Künstler und sein Gießer
Ohne Handwerk keine Kunst: In Düsseldorf entstehen monumentale Bronze-Skulpturen
Düsseldorf. Nach Kunst sieht es in den staubigen dunklen Fabrikhallen im Düsseldorfer Hafen nicht aus. Hier wird malocht. Die Hebekräne, Öfen, rostigen Gussformen, Ambosse, dicken Ketten und schwarzen Sandhaufen bilden ein archaisch wirkendes Industrie-Ensemble. Hammerschläge dröhnen, Schleifmaschinen kreischen, Funken blitzen. Am Ende einer Halle schraubt sich eine mattgolden glänzende Bronzesäule sechs Meter in Drehungen in die Höhe. Makellos ist das jüngste Werk von Tony Cragg, Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie und weltweit gefragter Bildhauer.
Maler können allein mit Pinsel und Leinwand arbeiten. Bildhauer aber sind nichts ohne den Gießer, der ihre Kunstträume in reale Formen bringt. Dem Düsseldorfer Kunstgießer Rolf Kayser vertrauen große Künstler wie Cragg, Thomas Schütte oder Katharina Fritsch blind. Über ein halbes Jahr haben fünf Arbeiter an Craggs vier Tonnen schwerer Bronze-Skulptur »Mixed Feelings« geschuftet, die ab September mit elf weiteren Monumentalwerken des gebürtigen Liverpoolers in London gezeigt wird.
»Ich bekomme die Modelle aus Kunststoff aus dem Atelier«, sagt der 51-jährige Kayser, der mit Cragg seit vielen Jahren befreundet ist. »Die haben mir erst die oberste Etage gebracht, dann die untere.« Als der Ziseliermeister Cragg drängte, sich endlich mal die riesige »Mixed Feelings«-Skulptur anzuschauen, sei dem Künstler vor Überraschung ein Fluch entfahren. »Er hatte die Skulptur ja in Einzelteilen abgeliefert.« Oft schaut Cragg bis zur Fertigstellung gar nicht mehr bei Kayser vorbei.
Die in Negativformen zerlegten Figuren lagern in Regalen bis unter die Decke. Kayser kennt sie alle mit Namen. »Wenn Cragg sagt, er brauche noch mal die ›Las Vegas‹, dann hole ich die.« Kayser entstammt der gleichnamigen weltweit für ihre Jugendstilformen bekannten Zinn-Dynastie. Jedes Werk aus der Kunstgießerei trägt einen winzigen Stempel mit dem Logo Kaysers: Schmelztiegel, Ziselierhammer und Meißel. 30 Handwerker vom Schweißer bis zum Kunstformer arbeiten zum Teil seit bald 20 Jahren für Kayser.
Eins zu eins formen die Kunstgießer die monumentalen Cragg-Skulpturen oder Thomas Schüttes Krieger-Statuen ab. Die Einzelteile werden in Sand geformt, gegossen, zusammengeschweißt, ziseliert, patiniert - also mit einem künstlichen Überzug versehen - bis sie aussehen wie aus einem Guss. Schütte hat sogar eine eigene Halle bei Kayser, geschützt wie ein Hochsicherheitstrakt mit Infrarotkameras, Bewegungsmeldern und Alarmanlage. Auf dem Hof steht Schüttes überlebensgroße »Vater Staat«-Figur, deren hager-erhabenes Antlitz Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) so ähnlich ist.
Was ist schwieriger zu gießen - ein Schütte oder ein Cragg? »Beide sind sehr anspruchsvoll«, sagt Kayser. Seien es Drehungen und Windungen oder Augenfalten und Grübchen - jedes Detail müssen die Kunstgießer haargenau nachbilden. Gesichtsfalten lassen sich besonders gut mit Wachsgüssen herausformen. Auch jede Borste eines Bronze-Wildschweins von Carl Emanuel Wolff muss richtig liegen. Beim Gießen im 1300 Grad heißen Ofen ist höchste Konzentration gefragt: Dann wird es in den Hallen »ruhig wie in einer Kathedrale«, sagt Kayser.
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