Kurs der Piraten ungeklärt

Niedersächsische Partei kürte Spitzenkandidaten zur Landtagswahl im nächsten Jahr

  • Paul Alexander
  • Lesedauer: 3 Min.
Die niedersächsischen Piraten haben am Wochenende in Delmenhorst ihre Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im Januar 2013 gewählt. Zuvor war dies zweimal an Formalien gescheitert. Der Mann an der Spitze heißt nun Meinhart Ramaswamy.

Bis zuletzt stand die Aufstellungsversammlung der Piraten in Delmenhorst auf der Kippe. Sie konnte schließlich nur stattfinden, weil das Landesschiedsgericht kurz zuvor einen Antrag abgelehnt hatte, die Wahlunterlagen der vorangegangenen Versammlung in Wolfenbüttel erneut auszuzählen.

Mit nur vier Stimmen Mehrheit setzte sich der Werbegrafiker Meinhart Ramaswamy (59) gegen die Datenschützerin Katharina Nocun (25) durch. Nocun folgt nun auf Platz zwei der Landesliste, die insgesamt 30 Kandidaten umfasst. Für das Programm zur Landtagswahl, das bei nd-Redaktionsschluss noch nicht abgestimmt war, gab es 246 Anträge. Hier dominierten die Themen Bildung, Verbraucher- und Datenschutz und direkte Demokratie. Viele Forderungen, etwa die nach kostenlosen Lernmitteln, der Senkung der Hürden für Volksabstimmungen oder nach einem Mindestlohn verleihen dem Programm ein linkes Profil. Und ihr Spitzenmann Ramaswamy ist ein ausgesprochener Gegner neoliberaler Public-Private-Partnership-Projekte.

Doch so wie Bundesparteichef Parteichef Bernd Schlömer will sich Ramaswamy nicht als Linker bezeichnen lassen. Auch nicht als Liberaler. Das ist auch nicht zwingend, denn seine Mitgliedschaften bei der Linkspartei und bei der FDP liegen schon etwas zurück. Das Urteil potenzieller Anhänger wird so freilich nicht erleichtert. Auch in der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung soll Ramaswamy schon gearbeitet haben, wie der »Spiegel« berichtete.

»Unser Ziel ist ein Regierungswechsel in Niedersachsen«, sagte Ramaswamy am Wochenende. Und dafür stehen die Chancen gar nicht schlecht, denn die schwarz-gelbe Koalition des Ministerpräsidenten David McAllister (CDU) hat kaum Überlebensaussichten, da die FDP wenige Monate vor der Wahl unter der Fünf-Prozent-Hürde dümpelt.

Außerdem sinken die Zufriedenheitswerte für die Landesregierung, Wechselstimmung breitet sich aus. Eine Koalition mit SPD und Grünen ist dennoch eher unwahrscheinlich, denn die Piraten, so Ramaswamy, streben nach den Wahlen die Rolle einer »kons-truktiven Opposition« im Landtag an. Parteiintern ist außerdem umstritten, ob eine einheitlich handelnde Piraten-Fraktion überhaupt wünschenswert ist, da der Fraktionszwang in Teilen der Partei abgelehnt wird.

Der Piratenparteitag in Delmenhorst hat somit auch einige der Sollbruchstellen deutlich gemacht, die auch für die Gesamtpartei bestehen. Das betrifft den Kurs der Partei. Ob sie nun nach links segelt, in liberalen Gewässern kreuzt oder, wie Parteichef Schlömer jüngst vorschlug, ihre Anker in einer Koalition mit der Union wirft, bleibt ungeklärt. Und die Abgrenzung zur LINKEN, die angesichts der vorhandenen politischen und programmatischen Schnittmengen eher künstlich wirkt, hat ihre Ursache in eben dieser Indifferenz, die allerdings nicht nur die LINKE betrifft, sondern letztlich alle Parteien, zu denen die Piraten ihr Verhältnis nicht klären wollen. Sie möchten dies aus guten Gründen nicht. Denn es ist diese Indifferenz, die die Partei bisher zusammenhält.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.