Obama muss Wege aus der Krise weisen

Wirtschaftsfragen dürften Wahlparteitag prägen

  • Max Böhnel, New York
  • Lesedauer: 3 Min.
USA-Präsident Barack Obama hat seinem Herausforderer Mitt Romney »gestrige« Politik vorgeworfen. Bei seiner Nominierungsrede auf dem Parteitag der Republikaner habe er »nicht eine neue Idee« präsentiert, so Obama jetzt bei einem Wahlkampfauftritt. Ab heute kann er es auf dem Konvent seiner Partei besser machen.

Ähnlich wie bei den Republikanern ist die Veranstaltung in Charlotte eine für das Fernsehen und die Internet-Medien inszenierte Show, bei der die Parteitagsdelegierten die Rolle von Statisten einnehmen. Statt politischer Debatten und Richtungskämpfe geht es um die Akklamation der »front runner«, des Präsidenten Barack Obama und seines Stellvertreters Joe Biden. Nebenbei versuchen jüngere Politstars, sich für die Wahlen im Jahr 2016 ins Gespräch zu bringen.

Den Auftakt macht mit einer Rede der junge Bürgermeister Julian Castro aus der texanischen Stadt San Antonio, gefolgt von First Lady Michelle Obama. Am Mittwochabend wird das amtierende Duo Obama/Biden formell von den Delegierten nominiert. Höhepunkt des Tages soll dabei der Auftritt von Ex-Präsident Bill Clinton sein. Die Convention wird schließlich am Donnerstagabend mit einer mit Spannung erwarteten Rede von Barack Obama beendet. Darin wird er die Nominierung annehmen und gleichzeitig scharf austeilen: gegen Mitt Romney, Paul Ryan und die Republikaner.

Laut den jüngsten Meinungsumfragen vom Wochenende blieb das Patt zwischen den Kandidaten bestehen. »Gallup« ermittelte, dass sich der Zuspruch für die Republikaner in den Tagen nach ihrer Show in Florida keineswegs vergrößert habe. Auf die Frage »Wen würden Sie heute wählen?« gaben 47 Prozent Barack Obama und 46 Prozent Mitt Romney an.

Die Kandidaten konzentrieren ihre Anstrengungen deshalb auf die wenigen wahlentscheidenden »battleground states«. Mitt Romney nutzte den Saisonauftakt im College-Fußball zu einem Wahlkampfauftritt in Cincinnati im Bundesstaat Ohio und rief die 23 Millionen unterbeschäftigten oder arbeitslosen Amerikaner ins Gedächtnis: »Wenn ihr auf der einen Seite einen Trainer habt, der eine Null ist, und auf der anderen Seite 23 Millionen, dann ist es Zeit für einen neuen Coach.«.

Obama absolvierte am Wochenende in Iowa, Colorado, Ohio und Virginia Wahlkampfauftritte. Am Montag suchte er die vom Orkan »Isaac« zerstörten Regionen im Bundesstaat Louisiana auf. Das Programm der Republikaner bezeichnete Obama als veraltet. »Trotz aller Herausforderungen, die uns im neuen Jahrhundert begegnen - was die Republikaner auf ihrem Parteitag anboten, hätte besser ins vergangene Jahrhundert gepasst. Das war eine Wiederholung - wie ein altes Fernsehprogramm; es hätte genauso gut im Schwarz-Weiß-Fernseher laufen können, mit der alten Antenne obendrauf.« Er versprach, auf der Demokraten-Convention Auswege aus der Wirtschaftskrise aufzuzeigen.

Den Strategen der Demokraten und den Redeschreibern des Kandidaten ist bewusst, dass Obama wegen der Konjunkturflaute und wegen der anhaltenden Arbeitslosigkeit keinerlei Amtsbonus hat. Zwar gilt der Präsident der großen Mehrzahl der US-Amerikaner gegenüber Romney als »liebenswerter«, aber dem Republikaner vertrauen mehr Wähler in wirtschaftlichen Fragen. Diese Schwachstelle nutzen die Rechten aus. Romney und Ryan fragen auf Wahlkampfveranstaltungen mit Blick auf die unentschlossenen und von Obama enttäuschten Wähler immer wieder: »Sind Sie heute besser dran als vor vier Jahren?«

Die Demokraten verweisen dagegen darauf, dass Obama bei seinem Amtsantritt vor vier Jahren die Krise auf dem Höhepunkt der Rezession »geerbt« habe. Seine Arbeitsmarktpolitik sei von den Republikanern im Repräsentantenhaus und im Senat sabotiert worden.

Unterdessen lieferte die New Yorker Staatsanwaltschaft den Demokraten und Obama Wahlkampffutter. Sie ermittelt gegen mehr als ein Dutzend Private-Equity-Firmen der USA wegen möglichen Steuerbetrugs, unter ihnen auch die Investitionsfirma Bain Capital, die von Mitt Romney gegründet worden ist. Romney erhält als ehemaliger Partner immer noch jährlich Millionenbeträge von Bain Capital. Die Ermittlungen beziehen sich aber nicht auf die Zeit, als er das Unternehmen leitete.

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