Der Weg

Buch-Tipp: Emil Jannings - Der erste deutsche Weltstar

  • Caroline M. Buck
  • Lesedauer: 3 Min.

Emil Jannings ist nicht nur der einzige deutsche Schauspieler mit einem Oscar, er war auch der allererste Darsteller, der überhaupt je einen Oscar erhielt. Das war im Depressionsjahr 1929, und Jannings wurde für gleich zwei späte Stummfilme ausgezeichnet, Sternbergs Exiltragödie »Sein letzter Befehl« und Victor Flemings verlorenes Melodram »Der Weg allen Fleisches«.

Im frühen deutschen Tonfilm »Der blaue Engel« nach Heinrich Mann war Jannings der verliebte Gymnasiallehrer, den Marlene Dietrich als Revue-Tänzerin in einer ihrer ersten Rollen wimpernklimpernd an die Wand spielte. Der Verleih reagierte und ließ Jannings in der Werbung hinter der Neuentdeckung verschwinden. »Noch immer stand Jannings’ Name allein über dem Titel und Dietrichs ganz klein bei den Chargenspielern. Aber jetzt musste sich Jannings das Bild mit einer Frau teilen, die auf einem Bierfass saß und ihre wohlgeformten Beine kreuzte«. Derlei gut beobachtete und pointiert formulierte Sätze gibt es viele in Frank Noacks frisch erschienener Jannings-Monografie, die tatsächlich die erste ist zu einem Mann, der zu den Riesen im deutschen Film der Zwischenkriegsjahre zählte und kurz auch im Hollwood der späten Stummfilmära.

Jannings' Vater war Deutsch-Amerikaner, er wurde in der Schweiz geboren und wuchs in Sachsen auf, bevor er sich erst zur See einschiffte und dann am Stadttheater Görlitz doch noch Schauspieler werden durfte. Jannings war nicht der Name seines Vaters (der hieß Janenz), aber es war der Name, unter dem Emil erst in Europa und dann auch in den USA berühmt wurde. 1914 holte Max Reinhardt ihn an seine Theater in Berlin, da war Jannings schon ein Jahrzehnt durch die Provinz getingelt. Aber er stand nicht nur permanent auf der Bühne, er spielte auch vor der Kamera, zwischen 1914 und seiner Abreise nach Hollywood 1926 in rund 50 Filmen. Für Ernst Lubitsch spielte Jannings Heinrich VIII. in »Anna Boleyn« und die Petruchio-Rolle in »Kohlhiesels Töchter«, einer Adaption von »Der Widerspenstigen Zähmung«. Für F.W. Murnau war er Mephisto und »Der letzte Mann« (1924). Jannings war Star und Charakterdarsteller in einem, ein Mann, der schon von seiner korpulenten Präsenz her sowohl die Autoritätsperson als auch den derben Lüstling geben, aber auch zart, verletzlich sein konnte.

So Oscar-golden die Aufnahme in Hollywood auch war, Jannings hatte nie vor, für immer in den USA zu bleiben - nicht zuletzt der Hitze und der hohen Steuern wegen. So pflegte er von Kalifornien aus vorsorglich Beziehungen, die ihm die Rückkehr nach Deutschland ebnen konnten. Jannings’ unverblümter Briefwechsel mit dem deutschen Publizisten Rudolf Kurtz gehört, neben dem mit dem eigenen Bruder Walter, zu Jannings’ schriftlichen Selbstauskünften, die Noack nutzen konnte. In Deutschland folgte auf den Oscar der Professor Rath zu Dietrichs fescher Lola, und nach Kriegsende, wegen Jannings’ federführender Mitarbeit am Nazi-Propagandaschinken »Ohm Krüger« das Berufsverbot.

Es ist ein schön produziertes Buch (auch wenn der Titel auf dem Cover nicht gänzlich mit dem Titel auf den Innenseiten übereinstimmt), in einer in diesem Marktsegment eher unüblich luxuriösen Papierqualität und 41 auf dem leicht abgetönten Untergrund allerdings etwas verblassenden Abbildungen - man hätte sich mehr davon gewünscht und separat gedruckt, außerdem: zu Anmerkungsapparat, Rollenliste in Theater und Film und der Bibliografie noch einen Index zur leichteren Handhabung nach der Erstlektüre. Aber das sind schon beinahe kleinliche Kritteleien an einem ansonsten lange überfälligen Band. Caroline M. Buck

Frank Noack: Emil Jannings - Der erste deutsche Weltstar. Collection Rolf Heyne, München. 560 S., geb., 29,90 €.

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