Länder beraten über Meldegesetz

Datenschützer fordern vom Bundesrat Änderungen im Interesse der Bürger

Vor der Entscheidung im Bundesrat am 21. September befasst sich heute der Innenausschuss mit dem Melderecht. Datenschützer fordern, das vor der Sommerpause beschlossene Gesetz zu stoppen. Meldedaten dürften nur bei Zustimmung des Betroffenen an Dritte weitergegeben werden.

In zwei Wochen entscheidet der Bundesrat über die Zukunft des umstrittenen Meldegesetzes. Bei der heutigen Sitzung des Innenausschusses der Länderkammer könnte jedoch bereits eine Vorentscheidung fallen. Und Datenschützer hoffen, dass die Innenminister ihren Chefs die Ablehnung empfehlen. Die Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag kurz vor der parlamentarischen Sommerpause hatte einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Datenschutzbeauftragte und Oppositionsparteien forderten Änderungen. Innerhalb eines Tages unterzeichneten über 110 000 Bürger einen Protestappell im Internet, mittlerweile sind es fast 200 000. Sie kritisieren, dass damit der Datenschutz in Meldebehörden faktisch abgeschafft wurde - zugunsten der Adress- und Werbelobby.

Das neue Gesetz erlaubt den Meldeämtern, persönliche Daten der Bürger an Werbetreibende, Adresshändler und Auskunfteien zu verkaufen. Verbraucher können zwar schriftlich beim Amt Widerspruch einlegen, der schützt aber nicht, wenn die Anfragenden ihr Ersuchen damit begründen, bereits vorliegende Daten überprüfen zu wollen. Dann gilt eine Ausnahmeregel.

Die ursprünglich im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene datenschutzfreundliche Einwilligungsregel war in den parlamentarischen Beratungen unbemerkt in ihr Gegenteil verkehrt und schließlich immer noch unbemerkt im Bundestag verabschiedet worden. Erst danach rückte ins Licht der Öffentlichkeit, dass die Meldeämter mit den zwangsweise erhobenen Daten der Bundesbürger einen munteren Adresshandel betreiben dürfen.

Mehrere Ministerpräsidenten rot-grün regierter Länder kündigten an, das Gesetz im Bundesrat zu stoppen. Rheinland-Pfalz' Regierungschef Kurt Beck geht davon aus, dass die Länder den Text »gravierend ändern« werden. Im Regierungslager will inzwischen kaum noch jemand für das beschlossene Gesetz verantwortlich sein: So forderte die Bundesregierung den Bundesrat zum Einschreiten auf, auch wenn das Innenministerium den Koalitionsfraktionen Formulierungshilfen zugearbeitet haben soll. Im Wort steht auch CSU-Chef Horst Seehofer. Aufgeschreckt durch die Massenproteste versprach er, »den dicken Fehler« zu korrigieren, um so vergessen zu machen, dass die datenschutzfeindlichen Änderungen der Regierungsvorlage auf Initiative seiner Partei zustande kamen.

Datenschützer bleiben dennoch misstrauisch und rufen zum Protest vor dem Bundesrat auf. »Das Gesetz ist keineswegs vom Tisch«, warnt Rena Tangens vom Bürgerrechtsverein Foebud, der neben dem Verbraucherzentrale Bundesverband und dem Kampagnennetzwerk Campact das Aktionsbündnis »Meine Daten sind keine Ware« ins Leben gerufen hat. Zur Erinnerung wollen sie heute den Innenministern vor ihrer Sitzung die gesammelten Unterschriften überreichen. Tangens befürchtet einen »faulen Kompromiss«, bei dem nur die Ausnahme von der Widerspruchslösung gestrichen werden könnte.

Damit wäre das Bündnis jedoch nicht zufrieden. Es will die ursprünglich im Gesetz vorgesehene Einwilligungslösung zurück haben: »Die Weitergabe der Meldedaten an Werbetreibende, Adresshändler und Auskunfteien darf nur erlaubt sein, wenn die Bürger dem ausdrücklich zugestimmt haben«, verdeutlicht Tangens, woran das Bündnis die Änderungen messen wird. Das Bündnis sammelt weiter Unterschriften und will am 21. September auch die Ministerpräsidenten am Bundesrat empfangen.

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