Eine Wucht, harlekinisch
Für Helga Hahnemann
Die Energie eines Menschen ist oft genug eine Täuscherin: Sie ist nicht so unversiegbar, wie man annahm. Als sei sie nicht Teil des Körpers, sondern habe sich dort nur auf Zeit eingenistet. Als käme sie aus der Fremde und ginge, in plötzlichem Belieben, wieder hinaus. Energie: eine Dienerin des Todes, die bis eben, aber eben nur illusionär, zur puren Lebendigkeit auflief. Und dann ... Helga Hahnemann etwa (Foto: dpa). Kraft. Weiblich schwingende Wucht. Unablässige Präsenz. Immer mehr Zukunft als Gegenwart. Und mit einem Male: Krebs, kurze schwere Krankheit, Tod. 54 Jahre. 1991. November. Dunkelzeit.
Das Publikum hielt Hahnemanns Strahlkraft für immerwährend. So gehen wir um mit denen, die uns Freude geben: mehr, mehr! Wir halten das, was der Geist und das Temperament tun, gern für ein Abkommen, das Bewusstsein und Naturell mit dem Körper schließen. Der aber …
Helga Hahnemann, die heute 75 geworden wäre, war harlekinisch überwältigend. Sie warf sich ins Scheinwerferlicht, tanzend, singend, spielend; wer sie hörte und sah, der konnte und wollte nicht genug haben. The Show must go on. Anders gesagt, in ihrer Sprache: Ick komme, und ich bleibe. Das Quasselstrippen-Credo. Henne, eine goldene, lang bevor der nach ihr benannte Preis eine fast europäisch zu nennende Karriere machte. Dieser Ost-Oscar.
»Big Helga« kam mit Step oder Spagat (!) oder schlagernd (meist nach Texten von Angela Gentzmer) aus dem Gemüt derer, die wissen, was Alltag ist: »Wo ist mein Geld bloß geblieben?«, »Jetzt kommt mein Süßer«, »Dicke sind gemütlich.« Sie war Pankowerin, studierte Schauspiel, war Mitglied der Leipziger »Pfeffermühle« und ging dann zum Schauspiel-Ensemble des DDR-Fernsehens.
Im Radio »Helgas Top(p)-Musike«, dann die Erfolgsshows im Friedrichstadtpalast - der Küchenschürzenglanz von Ilse Gürtelschnalle. Die Hahnemann machte Nebenstraßen des Lebens zum leuchtenden Boulevard, sie erhob Hinterhausstufen zu Revuetreppen. Groß!
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