Zur Versetzung oder Übertragung anderer Tätigkeiten

  • Dr. Peter Rainer
  • Lesedauer: 4 Min.
Nicht selten kommt es im Betrieb zu Veränderungen in der Organisation der Arbeit oder im Arbeitsablauf, zu Umstellungen der Produktion oder zur Zusammenlegung von Abteilungen oder Bereichen. Für den Arbeitnehmer tritt dann die Frage auf, ob und inwieweit der Arbeitgeber berechtigt ist, ihm vorübergehend oder auf Dauer eine andere Arbeit zuzuweisen. Wann ist eine solche Weisung rechtswidrig? Geht der Arbeitnehmer bei einer Weigerung das Risiko ein, den Arbeitsplatz zu verlieren? Welche Rechte und Pflichten haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber? Versetzung im Rahmen des Direktionsrechts: Die vom Arbeitnehmer zu leistende Arbeit bestimmt sich nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages. In diesem Rahmen kann der Arbeitgeber auf Grund seines Direktionsrechts die zu erbringende Leistung einseitig bestimmen und in gewissen Grenzen auch jederzeit verändern. Diese Grenzen sind umso enger, je detaillierter die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag beschrieben wird. Ist die Art der Tätigkeit nur allgemein benannt (Dreher, Schlosser, Koch usw.) und gilt als Arbeitsort der gesamte Betrieb, so kann der Arbeitgeber sein Direktionsrecht jederzeit anwenden und den Arbeitnehmer bei Notwendigkeit auf einen anderen Arbeitsplatz versetzen. Dieses Versetzungsrecht kann durch Arbeits- und Stellenbeschreibungen, durch einzelvertragliche Vereinbarungen oder tarifliche Festlegungen präzisiert und erweitert werden. Gleichwertige Arbeit: Voraussetzung für eine Versetzung des Arbeitnehmers in Anwendung des Direktionsrechts ist, dass die neue Tätigkeit mit der bisher ausgeübten gleichwertig ist. Nur in diesem Rahmen dürfen Art, Umfang und Ort der Tätigkeit verändert werden. Die Gleichwertigkeit bestimmt sich nach dem allgemeinen oder im Betrieb geltenden Berufsbild. Eine Versetzung auf einen geringer wertigen Arbeitsplatz ist grundsätzlich unzulässig, auch wenn dem Arbeitnehmer die bisherige Vergütung weitergezahlt werden soll. Andererseits kann der Arbeitnehmer auf einen Arbeitsplatz versetzt werden, auf dem er weniger verdient, weil z. B. keine Schmutz- oder Gefahrenzulage gezahlt wird, da hierdurch die Gleichwertigkeit der Arbeit nicht berührt wird. Die Versetzung auf eine höher bewertete Tätigkeit muss naturgemäß mit der Zahlung einer höheren Vergütung verbunden sein. Fürsorgepflicht des Arbeitgebers: Bei einer Versetzung des Arbeitnehmers sind die beiderseitigen Interessen gegeneinander abzuwägen. Das Versetzungsrecht findet dort seine Grenze, wo die beabsichtigte Versetzung dem Arbeitnehmer nicht zugemutet werden kann (für eine allein stehende Mutter soll sich z. B. der Anfahrtsweg zur neuen Arbeitsstelle um mehr als eine halbe Stunde verlängern). Überschreitet der Arbeitgeber die Zumutbarkeitsgrenze, so ist der Arbeitnehmer berechtigt, die zugewiesene Arbeit zu verweigern. Ist nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages oder den tariflichen Regelungen eine Versetzung nicht zulässig, bedarf die neue Tätigkeit eines Änderungsvertrages, gegebenenfalls einer Änderungskündigung. Übertragung anderer Arbeit: Vor einer Versetzung ist die Frage zu unterscheiden, inwieweit der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vorübergehend eine andere Arbeit übertragen darf. In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit darüber, dass der Arbeitnehmer in außergewöhnlichen Situationen, insbesondere in Notfällen oder bei einem sachlich gerechtfertigten Grund vorübergehend auch solche Tätigkeiten verrichten muss, die nicht in seinen Tätigkeitsbereich fallen. Außergewöhnliche Situationen sind z. B. unvorhergesehene, durch rechtzeitige Personalplanung nicht behebbare Engpässe. Notfälle können z. B. durch äußere Ereignisse auftreten, die den normalen Produktionsablauf ernsthaft gefährden. Ein sachlich gerechtfertigter Grund kann z. B. durch die Erkrankung eines Mitarbeiters oder durch einen anderweitigen Ausfall eines Arbeitnehmers vorliegen. Nicht dazu zählen dagegen regelmäßig auftretende Eilaufträge oder ein permanenter Arbeitskräftemangel. Entscheidung im Einzelfall: Bei der vorübergehenden Übertragung einer anderen Arbeit kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Die Entscheidung trifft der Arbeitgeber nach Treu und Glauben. Der Arbeitnehmer hat sowohl eine geringwertigere als auch hochwertigere Arbeit zu verrichten. Bei einer niedrigwertigen Tätigkeit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die im Arbeitsvertrag vereinbarte Entlohnung. Wird ihm vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit zugewiesen, sollte vereinbart werden, dass ihm der Unterschiedsbetrag als Zulage gezahlt wird. Begrenzte Dauer: Die Ausübung einer anderen Tätigkeit, die sich aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers ergibt und dazu beitragen soll, Schaden vom Arbeitgeber abzuwehren, muss zeitlich begrenzt sein. Sie sollte die Dauer eines Monats nicht überschreiten oder, auch wenn sie kurzfristiger ist, nicht mit einer erheblichen Veränderung der Umstände verbunden sein, unter denen die Arbeit geleistet wird.

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