Mitbieten, wenn Kleingartenland versteigert wird?

  • Dr. UWE KÄRSTEN, Rechtsanwalt
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Grundstück, auf dem sich unsere Kleingartenanlage befindet, wird zwangsversteigert. Ist es zweckmäßig, dass sich unser Kleingartenverein an der Versteigerung beteiligt und das Grundstück gegebenenfalls erwirbt? Renate W., 13055 Berlin
Grundsätzlich besteht für die Kleingärtner und ihre Organisationen keine Notwendigkeit, den Grund und Boden zu erwerben, auf dem sich ihre Kleingärten befinden. Ein Kleingarten im Sinne des § 1 Abs. 1 Bundeskleingartengesetz (BKleingG) ist seinem Wesen nach ein Pachtgarten. Die Pacht ist vor allem unter sozialen Gesichtspunkten an das Vierfache der ortsüblichen Pacht für den erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbau gebunden. In den neuen Bundesländern dürfte der höchstzulässige Kleingartenpachtzins zwischen 0,08 und 0,30 Mark je Quadratmeter und Jahr liegen. Angesichts dieser relativ geringen Pacht - hinzu kommen noch die öffentlich-rechtlichen Lasten, die auf dem Kleingartengrundstück ruhen - macht es wirtschaftlich keinen Sinn, seitens der Kleingärtner und ihrer Organisationen den Ankauf von Grund und Boden zu betreiben. Anders ist jedoch die Situation, wenn Kleingartenland auf Initiative des Bodeneigentümers hin zum Verkauf angeboten wird. Das ist gegenwärtig zunehmend der Fall. Immer mehr private Bodeneigentümer bieten kleingärtnerisch genutzte Grundstücke zum Verkauf an, da sie an einer einmaligen hohen Verkaufssumme, nicht jedoch an dem relativ geringen jährlichen Pachtzins interessiert sind. Weiterhin ist zu verzeichnen, dass insbesondere die Treuhandnachfolgeeinrichtungen Kleingartenland verwerten müssen und somit zum Verkauf anbieten. Das betrifft auch in Liquidation befindliche Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften, die, um die Liquidation abschließen zu können, Land, darunter auch Kleingartenland, verkaufen. Immer dann, wenn Kleingartenflächen auf Initiative der Bodeneigentümer oder dritter Personen hin verkauft oder versteigert werden, sollten sich die Kleingärtnerorganisationen um den Erwerb der kleingärtnerisch genutzten Grundstücke bemühen. Das begründet sich nach Erfahrungen des Unterzeichnenden vor allem auf die Tatsache, dass es regelmäßig mit den Neuerwerbern der Kleingartenfläche Rechtsstreitigkeiten gibt. In der Regel kaufen Dritte Kleingartenland nur dann, wenn sie sich einen Gewinn davon versprechen. Nach erfolgtem Ankauf versuchen die Neueigentümer, die Kleingärtner zur Kasse zu bitten. Am verbreitetsten sind die Forderungen nach Entgelten nach der Nutzungsentgeltverordnung (Nutz-EV) für Erholungsgrundstücke. Diese Forderung wird mit nicht kleingärtnerischer Nutzung der Pachtgärten begründet. In anderen Fällen wurden die Kleingärtner und ihre Vereine unter Bezugnahme auf angebliche Verstöße gegen die Bauordnung unter Druck gesetzt, und es wurde versucht, von ihnen eine höhere als die höchstzulässige Kleingartenpacht zu bekommen. Zum Teil wurde der Grund und Boden auch spekulativ mit der Zielsetzung erworben, diesen zu Bauland umzuwidmen. Um solchen Problemen aus dem Wege zu gehen und den Bestand der Kleingartenanlagen zu sichern, ist es angezeigt, dass sich die Kleingärtnerorganisationen selbst um den Ankauf der Flächen bemühen. In der Regel sind diese Bemühungen auch vom Erfolg gekrönt. Letztlich hat der Grund und Boden wegen der Baulichkeiten und Anpflanzungen der Kleingärtner für diese den höchsten Wert. Insbesondere sollten sich die Kleingärtnervereine bei anstehenden Zwangsversteigerungen des Grund und Bodens ihrer Kleingartenanlage beteiligen, um ihre Pachtverträge zu sichern. Nach § 57 a Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) kann der Ersteher in der Zwangsversteigerung das Kleingartenpachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. Hierbei handelt es sich um einen Kündigungsgrund außerhalb des BKleingG. Ob der Kündigungsgrund nach § 57 a ZVG für Kleingartenpachtverhältnisse gilt, ist in der Literatur umstritten. Eine diesbezügliche höchstrichterliche oder obergerichtliche Entscheidung ist dem Unterzeichnenden nicht bekannt. Weitere Probleme des Ankaufs von Kleingartenland wie Kaufpreis, Finanzierungsmodelle, vereinsrechtliche Probleme und Erfahrungen aus diesbezüglichen Rechtsstreitigkeiten werden in weiteren Folgen vorgestellt.

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