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  • Erster Deutscher Psychologentag in Dresden

Psychotherapie-Gesetz?

  • Lesedauer: 2 Min.

Dresden (dpa/ND). In der psychotherapeutischen Versorgung Ostdeutschlands herrscht akuter Notstand. Das einst vorbildliche System in der DDR sei durch den Niedergang der Polikliniken erheblich beeinträchtigt, sagte der Präsident des Berufsverbandes Deutscher Psychologen (BDP), Lothar Hellfritsch, auf dem ersten Deutschen Psychologentag in Dresden, der am Sonntag zu Ende ging.

„Unser Ziel ist, daß jeder zum Psychotherapeuten gehen kann, und daß das auch von den Krankenkassen bezahlt wird“, sagte Hellfritsch. In der DDR seien Psychotherapeuten gleichberechtigt neben den Ärzten im Gesundheitssystem integriert gewesen. Einen solchen Zustand erhoffe sich der BDP jetzt für ganz Deutschland von einem Psychotherapeuten-Gesetz. Ein Referentenentwurf dazu aus dem Hause von Gesundheitsministerin Gerda Hasselfeldt werde noch für dieses Jahr erwartet. Zugleich wurde ein Titelschutz gefordert, um „seriöse Psychologen von Gurus“ zu unterscheiden.

Die Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschen sind nicht so gravierend wie angenommen, betonten Referenten. „Es gibt keinen typischen Ossi und keinen typischen Wessi“, meinte Klaus-Dieter Hänsgen von der Humboldt-Universität Berlin. Andererseits weisen Studien auf erhebliche Unterschiede bei der Verarbeitung von Arbeitslosigkeit und beim Nationalgefühl hin. Die in Ostdeutschland befragten Arbeitslosen suchen alle einen neuen Job, sagte Bärbel Bergmann vom Insti-

tut für Psychologie der Technischen Universität Dresden. Arbeit und soziale Kontakte haben im Osten einen höheren Stellenwert.

Die Mehrheit der Jugendlichen identifiziert sich nicht mit „Deutschland“, sondern mit ihrem unmittelbaren Lebensumfeld und ihrer engeren Heimat, informierte Jutta Gallenmüller von der Katholischen Universität Eichstätt (Bayern). Die „nationalstaatliche Orientierung“ liege im Westen bei 15 Prozent und im Osten bei etwa 30 Prozent. In Zusammenarbeit mit der Bundeswehrhochschule in München waren. 493 westdeutsche und 387 ostdeutsche Jugendliche befragt worden. Danach wird das Symbol „Grundgesetz/freiheitliche Demokratie“ von 77 Prozent der Westler, aber nur von 40 Prozent der Ost-Jugendlichen positiv gesehen. Die Bundeswehr''werde nur von 40 Prozent (West) bzw. 30 Prozent (Ost) positiv beurteilt.

Kritische Distanz zu jeder Art Obrigkeitsstaat stellte eine vom Psychologischen Institut der Humboldt-Universität durchgeführte Befragung unter 119 ostdeutschen Schülern, Lehrlingen, Studenten, Lehrern und Rentnern fest. Es bestehe eine hohe Bereitschaft, mit Personen des sozialen Umfelds über persönliche Ängste zu reden. Problemlösungen an übergeordnete Distanzen zu delegieren, sei eher gering ausgeprägt. Privater Waffenbesitz werde völlig abgelehnt, ebenso Selbstschutzgruppen. Die Referenten sehen damit den oft behaupteten Zusammenhang von sozialen Ängsten und dem Ruf nach staatlicher Gewalt widerlegt.

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