Schuppen im Kleingarten darf stehen bleiben

  • Lesedauer: 3 Min.
Wer einen Kleingarten nutzt, unterwirft sich vielen Regeln, die im Bundeskleingartengesetz in Form gegossen wurden. Und der Kleingartenverband achtet darauf, dass sie auch eingehalten werden. Doch mitunter schießen örtliche Vertreter des Verbandes in ihrer Ordnungsliebe übers Ziel hinaus. Sie greifen sogar den Bestandsschutz an, den ostdeutsche Kleingärtner noch immer durch § 20a Bundeskleingartengesetz genießen. Gerichte müssen die Durchsetzung der jeweiligen Forderungen entscheiden, wie der Berliner Rechtsanwalt JÜRGEN NAUMANN berichtet: Der noch aus DDR-Zeit stammende Blechschuppen war dem Kleingartenverband in Berlin-Weißensee seit langem ein Dorn im Auge. Er passte nicht so recht in das geordnete Bild der Kleingartenanlage und sollte deshalb vom Pächter abgerissen werden. Dem Pächter war durchaus nicht klar, weshalb der seit Mitte der 80er Jahre existierende Schuppen, den er nach einem Sturm 1995 mühevoll wieder in Stand gesetzt hatte, nun dem Verband im Wege war. Der Schuppen blieb. Daraufhin wollte der Kleingartenverband den Abriss gerichtlich durchsetzen. Die Klage vor dem Amtsgericht Pankow/ Weißensee scheiterte. 1980 hatte der Beklagte mit dem Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) einen Kleingarten-Nutzungsvertrag über die Parzelle in Berlin-Weißensee abgeschlossen, der 1990 erneuert wurde. Auf der Parzelle befinden sich eine massive Laube mit Wohnraum, Schlafraum, Küche, Toilette und Veranda sowie ein Schuppen. Die überbaute Grundstücksfläche beträgt insgesamt 47 Quadratmeter. Im August 1988 beantragte der beklagte Pächter die Errichtung des strittigen Schuppens (9 qm), die im Oktober 1988 genehmigt wurde. Der klagende Kleingartenverband behauptete nun, dass der jetzt auf der Parzelle befindliche Schuppen aus neuerer Zeit stamme. Er sei höchstens drei bis vier Jahre alt und sei nicht mit dem im Jahre 1988 errichteten Schuppen identisch. Es handelt sich offensichtlich nicht um ein »DDR-Produkt«. Deshalb beantragte der Verband, den Pächter zu verurteilen, den Schuppen abzureißen und Fundamente vollständig zu entfernen. Das Gericht gab dieser Forderung nicht statt (Az. 4 C 190/02). In der Begründung wurde darauf verwiesen, dass der Kläger nicht belegen konnte, wann der Schuppen tatsächlich errichtet wurde. Es hätte bewiesen werden müssen, welches Material verwendet und welche Bauweise, die für diese Zeit typisch gewesen ist, angewendet wurde. Ferner wäre darzulegen gewesen, aus welchem Material, das nicht aus DDR-Zeiten stammen kann, der Schuppen nunmehr errichtet wurde. Zwar sei die Parzelle des Beklagten mit 47 qm Grundfläche bebaut, so dass die im Bundeskleingartengesetz festgelegte Höchstfläche von 24 qm Grundfläche überschritten ist. Der beklagte Pächter genieße jedoch für den umstrittenen Schuppen Bestandsschutz. Mit dieser Entscheidung wollte sich der Kleingartenverband nicht zufrieden geben und legte Berufung ein. Diese wurde vom Landgericht Berlin als unzulässig verworfen, weil der Streitwert (Die Beschwerde) unter der erforderlichen Grenze von 600 Euro liegt (Az. 65 S 352/02). Dennoch gehe es um einen Anspruch mit Geldwert. Also wurde auch die Auffassung des klagenden Verbandes, dass es sich hier um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit handle, zurückgewiesen. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen werde, dass für die Beklagten durch den Abriss des Blechschuppens der Gebrauch der Parzelle um die Hälfte beeinträchtigt wäre, erreichte der Kläger keine Beschwerde von über 600 Euro. Der Streit über die Beseitigung von bestimmten Aufbauten werde, so die Richter, nicht vordringlich geführt, weil der Pächter die Kosten für die Beseitigung nicht aufwenden möchte, sondern weil er auch in Zukunft die Aufbauten nutzen will, weil er sie braucht. Dass darüber hinaus ein Interesse des Verbandes an der Durchsetzung seines Anspruchs besteht, um die Einheitlichkeit seiner Kleingartenanlage zu wahren, könne ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis führen, wird ausgeführt. Denn Gegenstand in diesem Rechtsstreit sei nur, ob die Beklagten ihren Schuppen behalten können. Dieser Schuppen werde mit Sicherheit nichts am Zustand der Anlage ändern. Inwieweit später Folgen für die Gesamtanlage entstehen, ist weder Beurteilungsgrundlage der Entscheidung noch bedeutend für die Festlegung des Streitwertes, stellten die Richter fest.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.