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Die mikroelektronische Nase

Neuer Sensor kann mehrere atmosphärische Schadstoffe gleichzeitig analysieren Von SIEGFRIED NEUMANN

  • Lesedauer: 3 Min.

Das Schema links unten verdeutlicht, warum der Mikrosensor sich preiswert herstellen ließe. Nur für die Deckschicht braucht man eine individuelle Herstellungstechnologie Abb.: KfK

Die Entwicklung bei Sensoren für chemische Substanzen ging bislang vor allem dahin, den einzelnen Sensor möglichst ausschließlich für einen Stoff empfindlich zu machen. Auf die Spitze getrieben wird dieses Konzept von den Biosensoren, die sich der Immuntechnik bedienen. Mit Hilfe von Antikörpern kann man damit sogar einzelne Moleküle eines Stoffes nachweisen. Der Mangel dieses Konzepts ist die Notwendigkeit, für die in der technischen Realität vorkommenden Substanzgemische brauchte man eine Vielzahl von Einzelsensoren, die oft verschiedene Betriebsbedingungen brauchen.

Einen anderen Weg gingen Dr Joachim Goschnick und Dr. Peter Althainz aus dem Institut für Radiochemie des Forschungszentrums Karlsruhe. Bei ihrer Suche nach einem robusten, kleinen Sensor, der die üblichen Schadstoffgemische auf der Straße präzise messen kann, verwendeten sie ein gängiges Prinzip: die Leitfähigkeitsmessung an Metalloxiden. Dieses Verfahren, das sich die Leitfähigkeitsänderungen in einer Oxidschicht durch die Reaktion mit dem zu messenden Gas zunutze macht, ist zwar ziemlich empfindlich, eignet sich aber nicht zur Unterscheidung von verschiedenen Stoffen. So ergeben sich etwa für die interessierenden Abgaskomponenten Kohlenmonoxid (CO), Schwefeloxide (SO X ), Stickoxide (NOJ, Benzol und andere Kohlenwasserstoffe nur graduelle Unterschiede.

Die Karlsruher Forscher bedienten sich nun eines Tricks. Sie legten über ein Feld von streifenförmigen Sensoren eine nur teilweise gasdurchlässige Keramikschicht, die aber in den einzelnen Bereichen verschieden gut durchlässig ist. „Bei unserem Konzept des Multisensorsystems“, so Dr. GoschnicK,*,lverwenderi wir 39 unterschiedlich empfindliche

Gassensoren, die mit selektiv durchlässigen Membranen den Zugang von Gasen vom Metalloxid-Leitfähigkeitsdetektor kontrollieren. Gleichzeitig übt die Membran eine Schutzfunktion für den empfindlichen Detektor aus. Dieser ,erschnüffelt' die Gasarten nach dem Funktionsprinzip der menschlichen Nase, die mit nur etwa zehn Typen von Geruchsrezeptoren über 1000 Gerüche unterscheiden kann.“ Da jeder einzelne Rezeptortyp anders reagiere, entstehe bei unterschiedlichen Gasen ein jeweils unterschiedliches Muster von Rezeptorsignalen, das im Gehirn jeweils einer bestimmen Substanz zugeordnet, werde.

Analog zu diesem Modell menschlichen Riechens enthält

das am Forschungszentrum Karlsruhe entwickelte Mikrosensorsystem 39 Detektorelemente, deren Empfindlichkeit nach verschiedenen Verfahren differenziert werden -kann. Es kann sowohl die Temperatur der Elemente verschieden eingestellt oder durch Variation der Membraneigenschaften ein unterschiedliches Ansprechverhalten der einzelnen Sensorelemente erreicht werden. Die Musterauswertung übernimmt ein Mikroprozessor, dessen Programm auf der Basis künstlicher neuronaler Netze die lernfähige Mustererkennung im Gehirn nachahmt. Der eigentliche Sensorchip ist nur „& x 9 rnm ? groß., Integriert mit . Meß- und Auswerteelektronik : ergibt “sich“ ein(“Gerät-nicht größer als eine Zigarrenkiste.

Anhand erster Labormuster wurde die Unterscheidung verschiedener organischer Dämpfe demonstriert. Nach einer Trainingsphase von 10 Minuten pro Gas ist das Gerät in der Lage, innerhalb einer Minute das gesamte Gasgemisch zu erkennen.

Nun will man die neuen Gassensoren unter Praxisbedingungen eingehend testen und zur Anwendungsreife führen. Neben der Kontrolle der Luftqualität in Kraftfahrzeugen sehen die Forscher unzählige weitere Anwendungsgebiete, z.B. in der Emissionsüberwachung chemischer Reinigungen, zur Kontrolle der Lagerung und »Zubereitung von Lebensmitteln, in Brandmeldern oder der“ Regelung von Klimaanlagen.

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