Schulangst muß nicht sein
Charlottenburg: Kant-Schule sucht nach Ausweg Von Cornelia Scholz
Heute ist erster Ferientag für 400 000 Berliner Schüler Grund zur Freude. Sonst prägt nicht selten Angst den Schulalltag.
«Oh Mann«, stöhnte der 13jährige Andreas S. noch vor ein paar Tagen, »wenn ich an die Zeugnisse denke, wird mir ganz schlecht«. Angst vor den Klassenarbeiten, Prügel der Mitschüler, schlechte Noten, das Präsentierenmüssen der Zeugnisse vor den Eltern machen den Schultag für manchen nicht gerade an-
genehm. Dabei hängt der Grad der Angst in hohem Maße davon ab, zu welchem Geschlecht, welcher sozialen Schicht ein Schüler/ eine Schülerin gehört. So reagieren z.B. Realschüler und Gymnasiasten ängstlicher als Hauptschüler, Mädchen ängstlicher als Jungen.
»Schüler von Ganztagsschulen«, so der Schulforscher Rolf Langenheine, seien »angstfreier als Schüler von Schulen mit ungeteiltem Vormittagsunterricht«. Besonders die Hausaufgabenstunden und die Kerngruppen seien ein wesentlicher Punkt, um Schulangst schon im Keim zu ersticken, so der stellvertretende Schulleiter Wolf Motzko von der Privaten Kant-
Schule, einer Ganztagsschule in Charlottenburg. Die Schüler gehen streßfrei heim, können sich dort mehr ihren Hobbys widmen. »Eigenes Lernen können diese Stunden natürlich nicht ganz ersetzen«, ergänzt Schulleiter Edgar Spannenkrebs. Da die Lehrer häufig die Stelle der Eltern übernehmen, wenden sich die Kinder auch mit außerschulischen Problemen an ihre Kerngruppenleiter, was ein Vertrauensverhältnis schafft.
Die Pädagogen der Kant-Schule suchen den Dialog zwischen Eltern und Schule durch ein Schülerbuch, das die Schüler ihren Eltern zum Abzeichnen geben. Auch wird das persönliche Gespräch mit Schülern oder Eltern gesucht, um vorzeitig schulische Probleme zu beseitigen. Bedingt durch die geringe Zahl von 200 Schülern, kennen die Lehrer die Schüler zumindest vom Namen her, so daß ein ermahnendes Gespräch weniger anonym verläuft. »Deswegen«, so Lehrerin Dr. Irmgard Ehlers, »ist die Hemmschwelle zur Gewalt auch sehr hoch«.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.