Die umstrittene Position 17: Was darf Mietern angerechnet werden?
Lesedauer: 5 Min.
Aus Unkenntnis haben wir gegen die Betriebskostenabrechnungen von 1991 bis 1996 zur Position 17 (»Sonstige Betriebskosten«) keinen Widerspruch eingelegt und verlangte Nachzahlungen beglichen. Bei den Abrechnungen ab 1997 legten wir jedoch Widerspruch ein, denn die »Sonstigen Betriebskosten« wurden nur in einer Summe und nicht im Detail ausgewiesen. In den Erläuterungen des Vermieters, die jedes Jahr anders aussehen, heißt es, dass es sich um Kosten für die Wartung haustechnischer Anlagen handelt, die er namentlich aufzählt. Die Angaben sind teilweise unvollständig oder für unser Haus gar nicht zutreffend. Unsere Widersprüche werden zurückgewiesen. Bis zum 31. Dezember 1997 wandten wir ein, dass die Abrechnung nicht jede einzelne Position benennt und nicht aufgeführt ist, was eigentlich als Wartungskosten angerechnet wurde. Soweit mir bekannt ist, enthalten die Positionen 1 - 16 der Betriebskosten-Verordnung eine abschließende Aufzählung dessen, was umgelegt werden darf. Wartungskosten, die dort nicht aufgezählt sind, zählen zur Instandhaltung, für die Vermieter aufzukommen haben. Wie ist die Rechtslage?
Dieter Th., Berlin
Unser Leser meint weiterhin, dass die Umlage von Wartungskosten über die Position 17 keine Wirkung haben könne, weil sie gegen die Umlagebegrenzung verstoße. Auch das neue Mietrecht bringe im §556 Abs. 1 erneut zum Ausdruck, dass zum Nachteil der Mieter abweichende Vereinbarungen unwirksam seien.
Der Vermieter lehnte in allen Jahren eine Korrektur der »Sonstigen Betriebskosten« ab. Seiner Meinung nach würden alle bis zum 31. Dezember 1997 umgelegten Betriebskosten als »vertraglich vereinbart« gelten. Er führte an, dass es zwar stimme, dass die herrschende Rechtsmeinung verlange, unter der Position 17 jede einzelne Kostenart zu benennen, aber eine Mindermeinung lasse auch zu, dass im Mietvertrag auf solche Kosten ganz allgemein hingewiesen werden könne und sie damit umlagefähig seien.
Es sei für eine Umlage ausreichend, wenn solche Kosten regelmäßigdurch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Grundstücks entstehen, wie beispielsweise für die Wartung der Lüfteranlage.
Soweit die Bemerkungen unseres Lesers, der das Mietrecht offensichtlich gut kennt. Weil solche Fragen häufig an uns gestellt werden, wollen wir hier ausführlich darauf antworten: Es ist richtig, dass nur Betriebskosten umgelegt werden können, die im Mietvertrag vereinbart worden sind. Jede in Frage kommende Kostenposition sollte einzeln benannt werden. Allerdings lassen Rechtsprechung und Mietrechtsliteratur gelten, wie auch der Vermieter meint, dass der Hinweis im Mietvertrag auf die gesetzlichen Bestimmungen zu den Betriebskosten genügt, damit die Umlage rechtswirksam als vereinbart gilt.
Was aber die besondere Position 17 (»Sonstige Betriebskosten«) anbelangt, muss jede einzelne Kostenart exakt benannt und vereinbart werden. Das gilt schon seit Jahrzehnten. Wird das übersehen oder absichtlich unterlassen, sind solche Kosten, schon wegen dieses Formmangels, nicht umlagefähig. Werden dennoch Kosten unter Position 17 umgelegt, die nicht vereinbart worden sind, müssen Mieter das nicht bezahlen, schon geleistete Zahlungen können zurückgefordert werden. Im Sinne dieses Rechtsstandpunktes hat der Bundesgerichtshof erst kürzlich entschieden, dass ein Vermieter, der eine betreffende Position nicht vereinbart hatte, keinen durchsetzungsfähigen Zahlungsanspruch hat. (Es handelte sich um die Kosten einer Dachrinnenreinigung. Siehe ND-Ratgeber 648).
Nach der Wende gestattete das damalige ergänzte Miethöhegesetz Vermietern, dass sie bei Mietverträgen, die vor dem 11. Juni 1995 abgeschlossen worden sind, Betriebskosten mit einseitiger Erklärung (also ohne Vereinbarung) umlegen und Vorauszahlungen dafür verlangen durften. Das galt auch nach diesem Zeitpunkt noch bis zum 31. Dezember 1997. Das Gesetz erklärte dies dann als »vertraglich vereinbart«.
Der Vermieter, nach dessen rechtmäßigem Handeln hier gefragt wird, übersieht, dass er schon damals verpflichtet war, unter der Position 17 jede einzelne Kostenart, für die eine Umlage gefordert wird, zu benennen. Ohne diese detaillierte Benennung waren einseitige Erklärungen zur Position 17 nicht wirksam. Damit bestand auch kein durchsetzungsfähiger Zahlungsanspruch. Mieter, die dennoch zahlten (was in der Regel der Fall war), haben ihren Rückzahlungsanspruch auf Grund der jahrelangen Hinnahme oder wegen Verjährung (jetzt drei Jahre) inzwischen verloren. Bei jüngeren Umlagen, die unter Position 17 nicht vereinbart wurden, kann die Zahlung verweigert oder zurückgefordert werden.
Sind konkrete Kostenarten, wie Wartungskosten, unter Position 17 tatsächlich vereinbart worden und es wird gezweifelt ob das berechtigt ist, dann raten wir dazu, dies durch den Mieterverein oder einen fachkundigen Anwalt prüfen zu lassen. Die Praxis zeigt immer wieder, dass manche vereinbarten Positionen nicht umlagefähig sind, wie z. B. die Wartung von Brandschutztüren oder der Elektroinstallation und Ähnliches.
Die Abgrenzung von Kosten, die unter Position 17 vereinbart und umgelegt werden dürfen, ist teilweise schwierig. Wer sich dafür genauer interessiert, sollte sich mit entsprechenden Fachkommentaren (auf die wir hier zumeist hinweisen) sachkundig machen. So ist z. B. bei Lüftungsanlagen zu unterscheiden, ob es sich um eine einfache Abluftanlage oder um eine Lüftungsanlage zum Ausgleich von Feuchtemängeln am Haus (nicht umlagefähig) oder um anspruchsvolle Lüftungsanlagen mit Filtern und Filterwechsel zur wirkungsvollen Verbesserung des Raumklimas (umlagefähig) handelt. Zudem ist die Rechtsprechung nicht bei jeder Position einhellig. Es könnte auch sein, dass der Vermieter unter der Position 17 Kosten untergebracht hat, die zu ganz anderen Kostenpositionen gehören und nur dort abzurechnen und zu bezahlen sind.
Eine ständig wechselnde andere Darstellung und Aufzählung ist unzumutbar. Wir erinnern auch daran, dass Mieter ein Recht darauf haben, Wartungsverträge und Abrechnungen einzusehen, um sich zu vergewissern, ob die Umlagen begründet und zudem »wirtschaftlich« sind.
Dr. jur. HEINZ KUSCHEL
Siehe u.a. Eisenschmid, Rips, Wall »Betriebskostenkommentar", DMB-Verlag 2004; Langenberg »Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete«, 3. Aufl. Beck-Verlag.
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