Bis zu seinem Tod 1994 galt Paul K. Feyerabend als das Enfant terrible der Philosophie. Der gebürtige Wiener, der ursprünglich Opernsänger werden wollte, hatte verschiedene Geistes- und Naturwissenschaften studiert, bevor die University of Berkeley ihn 1959 zum Professor berief. Berühmt wurde er vor allem durch sein Buch »Against Method« (dt.: Wider den Methodenzwang), in dem er frei heraus erklärt, dass das Leben viel zu bunt und widersprüchlich sei, um in das Korsett einer noch so rationalen Methode zu passen.
Besonders gereizt reagierte er, wenn jemand versuchte, ihn einer bestimmten geistigen Richtung zuzuordnen. Auch gegen philosophische Kongresse hegte er eine tiefe Abneigung: »In der Philosophie gibt es zu viele Wichtigtuer.« Da halfen nicht einmal die Beteuerungen seiner Freunde, der nächste Kongress werde bestimmt sehr interessant. Gelassen entgegnete Feyerabend: »Ich schlafe lieber zu Hause, das ist bequemer.«
Seinen Studenten schärfte er ein, Wissenschaften und Philosophie nicht gar zu ernst zu nehmen und unter keinen Umständen die Meinung der »kleinen Leute« zu missachten. Niemand könne einem Menschen Lebensratschläge von oben herab erteilen: »Eine Philosophie, die Sinn haben soll, muss die Menschen zum Selberdenken anregen.«
In London, wo Feyerabend 1969 lehrte, erreichte ihn die Nachricht, dass die Vorlesungen Adornos an der Frankfurter Universität von barbusigen Studentinnen besucht worden waren. Sofort schrieb er an seinen Kollegen Hans Albert: »Kannst du mir nicht eine Gastvorlesung in Frankfurt verschaffen?«
Falsche Bescheidenheit war Feyerabend fremd. Als er in den späten 70er Jahren erfuhr, dass die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) in Zürich eine Professur für Wissenschaftstheorie besetzen wollte, bewarb er sich mit einer Postkarte: »Ich habe gehört, dass Sie einen Wissenschaftstheoretiker suchen. Ich bin interessiert.« Die Probevorlesung endete in einem Desaster, da fast alle Studenten vorzeitig den Hörsaal verließen. Auch die auswärtigen Zeugnisse waren alles andere als schmeichelhaft: »Feyerabend ist für jeden Skandal gut«, hieß es da. Oder: »Er sammelt offenbar berufliche Angebote.« Dennoch kam er in die engere Wahl und wurde - gegen den Widerstand der Schweizer Bundesbehörden - vom Präsidenten der ETH berufen. Mit der Begründung: »Auch ein so berühmter Philosoph wie Feyerabend kann nicht eine so große Universität wie die Eidgenössische Technische Hochschule zugrunde richten.«