Rechter Germane als Fraktionschef

Schill-Partei bekommt Probleme mit ihrem Personal

  • Volker Stahl, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
»Sehr scharf« wolle er sich von rechtsextremen Parteien und Personen abgrenzen, versprach Ronald Schill im Wahlkampf. Doch manchmal ist der Grat zwischen rechts und rechtsextrem ein schmaler.
Ich kann Hitler wegen der Juden ja verstehen. Mir selber wird körperlich unwohl, wenn ein Türke vor und ein Pole hinter mir im Supermarkt steht«, soll der Abgeordnete und Schatzmeister der Schill-Partei, Norbert Frühauf, 1989 in einem Seminar an der Hamburger Uni gesagt haben. Das behauptet jedenfalls seine Ex-Kommilitonin Dr.Christiane Yüksel. Die heutige Rechtsanwältin untermauerte ihren Vorwurf mit einer Eidesstattlichen Erklärung. Die hat mittlerweile auch Frühauf abgegeben - er dementiert, sich rassistisch geäußert zu haben. »Das ist eine Schmutzkampagne der SPD. Eine unverschämte, dreiste Lüge«, sagte er der Morgenpost. Weil die Staatsanwaltschaft gegen Frühauf ermittelt, forderte der SPD-Fraktionsvorsitzende Norbert Grund ihn auf, sein Mandat ruhen zu lassen: »Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, wäre Herr Frühauf aus Sicht der SPD-Fraktion als Abgeordneter untragbar.« Auch der 30-jährige Student Christian Brandes, immerhin Fraktionschef im Bezirk Eimsbüttel, bereitet Parteigründer Schill Sorgen. Dieser mischt bei der Burschenschaft Germania mit, über die der Hamburger Verfassungsschutz notierte: »Aus ihrer Ablehnung der Demokratie und ihrer Befürwortung des Führerprinzips machen viele Germanen keinen Hehl«. Bestätigt wurde diese Einschätzung vor einigen Monaten. Ausgerechnet die NPD-Hochschulorganisation Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) empfahl interessierten Studenten die Germania als »nationalen Bund«. Für Brandes alles halb so schlimm. »Die Burschenschaft ist nicht rechtsradikal und ich bin es auch nicht«, sagte er dem Hamburger Abendblatt. Der Beschwichtigungsversuch ist angesichts der Drohung des Parteigründers verständlich. »Wir haben eine Aversion gegen Rechtsextremisten. Die fliegen bei uns hochkant raus«, hat Schill verkündet. Dass die Germania gute Kontakte ins rechtsextremistische Lager unterhält, ist allerdings kein Geheimnis. So sorgte die Verbindung in den 90er Jahren für Schlagzeilen, weil sie in ihren Räumen an der Sierichstraße den ehemaligen Vorsitzenden der mittlerweile verbotenen FAP (Freiheitliche Arbeiterpartei) André Goertz beherbergte, rechtsextremistischen Referenten wie Manfred Rouhs ein Forum bot und Republikanern als Postadresse diente. In diesem Jahr wurden weitere Interna bekannt, die die schlagende Verbindung erneut in ein rechtes Licht rücken: Ein Germane hinterließ in einem Kopierladen in Universitätsnähe Druckvorlagen, die mit Hakenkreuzsymbol und Führergruß ebenso kokettieren wie mit den Heldentaten des Nazi-Generalleutnants Dr. Karl Mauss. »Bei schweren Kämpfen um Elbing hat sich der mit den Schwertern zum Eichenlaub des Ritterkreuzes ausgezeichnete Kommandeur der 7.PD (Panzerdivision - d.R.), Generalleutnant Mauss, durch hohe persönliche Tapferkeit und Entschlusskraft besonders hervorgetan.« Dieses Zitat aus dem Wehrmachtsbericht vom 20.Februar 1945 prangt über einem Mauss-Porträt - eine der Druckvorlagen, die ein Vertreter der Germania vor einigen Monaten als Postkartenmotiv in einem Kopierladen in Auftrag gab. Auf einem anderen Bild war eine launige Karikatur zu bewundern, auf der ein betrunkener Matrose zum »Führergruß« ausholt und eine Sprechblase absondert, deren schlichte Botschaft aus einem Hakenkreuz besteht. Der lockere Umgang der berüchtigten Burschenschaft mit rechtsextremistischen Personen, Symbolen und Sprüchen habe Tradition, weiß Felix Krebs. Der Sachbuchautor ist Verfasser eines Werks über Verbindungen in der Hansesestadt. Die Strategie der Germania habe aber in letzter Zeit einen Richtungswechsel vollzogen, so Krebs. »Weg von der militanten Linie in Richtung Neue Rechte.« Zu der »Intellektualisierungstendenz« passt das aktuelle hochschulpolitische Engagement der Chargierten. So kandidierten »Schriftwart« Thomas Narloch, »Fechtwart« Jürgen Grasl und »Fuxmajor« Olaf Svensson im Januar auf Liste1 unter dem Namen »V.O.L.K.« (»objektiv«, »loyal« und »konservativ«) für das Studentenparlament der Hamburger Uni. Auf der Liste trat auch Schill-Mitstreiter Christian Brandes an. »Wir wollen keine Leute mit einem Vorleben in der DVU, der NPD oder den Republikanern. Sie haben bei uns keine Chance«, beharrt Vorstandsmitglied Peter Müller. Die Wähler der Rechtsausleger sind in der Schill-Partei dagegen auch offiziell willkommen. »Das ist doch gut so«, freute sich Partei-Chef Schill über das Einsammeln zahlreicher Stimmen vom rechten Rand. Bei der Bürgerschaftswahl 1997 hatten DVU, Republikaner, NPD und Bund Freier Bürger zusammen noch über acht Prozent erreicht. Dieses Stimmenpotenzial wurde jetzt unter die Ein-Prozent-Marke gedrückt. Dank Schill.

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