Waffenhandel gehört unter Kontrolle
Rebecca Peters über das Kleinwaffenproblem, die Politik der USA und das Netzwerk IANSA
Peters: Der Aktionsplan ist ein Schritt in die richtige Richtung. Doch im Jahr 2005 ist die Staatengemeinschaft in der Frage der Kleinwaffenkontrolle kaum vorangekommen.
Inwiefern?
Mit Verabschiedung des UNO-Aktionsplans hat sich jeder Mitgliedstaat verpflichtet, eine nationale Behörde einzurichten, die alle Fragen rund um das Thema Kleinwaffen koordinieren soll. Nach vier Jahren haben aber noch immer über 100 Staaten keine konkreten Schritte in diese Richtung unternommen. Zudem wurde von den einzelnen Ländern viel zu wenig getan, um den Waffenhandel über Drittstaaten gesetzlich zu verbieten.
Aber es gibt Staaten, die sich für die Verabschiedung eines weltweit verbindlichen Abkommens zur Kontrolle des Kleinwaffenhandels - des auch von IANSA geforderten »Arms Trade Treaty« (ATT) - einsetzen.
Das ist richtig. Vor allem die britische Regierung setzt sich für die Verabschiedung eines ATT ein. Darüber hinaus ist es ermutigend, dass sich während der Überprüfungskonferenz Staaten wie die Türkei oder Kolumbien, die selbst in den Kreislauf des internationalen Waffenhandels eingebunden sind, für ATT stark gemacht haben. So es ist durchaus denkbar, dass das New Yorker Treffen auch andere Regierungen dazu veranlasst, sich stärker zu engagieren.
Welche Position vertritt die USA - einer der weltweit größten Waffenproduzenten - in dieser Frage?
Die USA haben keinen der 2001 formulierten Schritte umgesetzt - obwohl ihre Vertreter den ohnehin wenig konkreten Aktionsplan damals noch weiter aufgeweicht hatten. Allerdings engagieren sich die USA bei der Zerstörung ausrangierter Waffen- und Munitionsbestände in ehemaligen Krisengebieten.
Könnte das mangelnde Interesse an der Lösung der Kleinwaffenproblematik auch mit der gegenwärtigen Konzentration auf die Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu tun haben?
Es grenzt an Ironie, dass die USA, die so stark im Krieg gegen den Terror engagiert sind, sich nicht stärker für die Kontrolle des Waffenhandels einsetzen. Schließlich sterben pro Jahr weltweit ein halbe Million Menschen durch den Einsatz von Schusswaffen - weit mehr als durch Bombenattentate. Wenn es die USA-Regierung mit dem Antiterrorkampf wirklich ernst meinen würden, müssten sie eigentlich jeden Schritt unterstützen, um den Kleinwaffen-Nachschub für nichtstaatliche Akteure zu unterbinden. Nur leider war das ein Punkt, der auf Druck der USA aus dem Aktionsprogramm gestrichen wurde.
Worin sehen Sie die Ursache dieser Blockadehaltung?
Die USA wollen weiterhin ungestört Waffen in Krisengebiete rund um den Globus liefern. Doch das ist mit dem Anspruch unvereinbar, den Terrorismus bekämpfen zu wollen. Hinzu kommt, dass es in kaum einem Land der Welt so einfach wie in den USA ist, eine Waffe zu erwerben. Auch das ist eine Einladung an potenzielle Terroristen.
Regierungen zu überzeugen ist eine Sache. Mit Hilfe der globalen Kampagne »Waffen unter Kontrolle« wollen Sie aber vor allem die Bevölkerung auf das Kleinwaffenproblem aufmerksam machen.
Unsere Aktion »1 Million Gesichter« ist ein Teil dieser Kampagne. Bis zur nächsten UNO-Kleinwaffenkonferenz 2006 wollen wir ein Million Fotos von Menschen zusammentragen, die schärfere Kontrollen des Waffenhandels und die Verabschiedung eines verbindlichen ATT fordern. Bislang haben sich schon 300000 Leute beteiligt, wöchentlich kommen Hunderte hinzu. Aber ob die UNO-Konferenz im kommenden Jahr ATT tatsächlich verabschieden wird, bleibt fraglich.
Derzeit toben weltweit fast 50 bewaffnete Konflikte. Wie wird die IANSA-Kampagne in diesen Regionen wahrgenommen?
Die Mehrheit unserer Aktivisten kommt aus Afrika, Asien und Lateinamerika. Denn vor allem in den Krisengebieten ist die Forderung der Betroffenen nach einer effizienten Kontrolle des Waffenhandels sehr stark. Allerdings ist es hier auch besonders schwer, eine Kampagne zu organisieren.
Konnten IANSA-Vertreter aus Krisenregionen in New York für ihre Anliegen werben?
Wir haben mit Vertretern aus 56 Staaten an der Konferenz teilgenommen. Doch obwohl das Aktionsprogramm die Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure vorsieht und unterstützt, war es einem Teil unserer Mitglieder nicht möglich, nach New York zu kommen.
Warum?
Die Behörden haben zahlreichen Aktivisten aus Südasien, Kolumbien und Afrika die Einreise verweigert. Einerseits sollen die Nichtregierungsorganisationen gleichberechtigte Partner sein. Andererseits verweigert man ihnen die Teilnahme. Das passt nicht zusammen.
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