muH Zieht PDS mit der CDU gleich?
Im Schweriner Stadtparlament buhlen die Genossen um einen Fraktionslosen Von Jan-Cesar Woicke
Er könnte die Schweriner CDU-Fraktion mächtig ärgern. Doch der parteilose Rolf Steinmüller hat die PDS-Rufe (noch) nicht erhört
Foto: Schweriner Volkszeitung
Natürlich ist und bleibt die CDU die Gewinnerin der Wahl«, stellt Peter Menzlin, Geschäftsführer der PDS-Fraktion im Schweriner Stadtparlament, klar Die Christdemokraten wurden bei den Kommunalwahlen in Mecklenburg-Vorpommerns Landeshauptstadt am 13. Juni mit 30,7 Prozent der Stimmen stärkste Kraft. Doch könnten die Sozialisten, die mit 30,0 Prozent auf Platz zwei landeten, im nachhinein an Sitzen gleichziehen. Die CDU verfügt über 16 Sitze, die PDS über lediglich 15 - noch.
»Das klingt doch ganz anders: stärkste Fraktion zusammen mit der CDU«, spekuliert Menzlin. Doch ob es demnächst soweit kommt, ist fraglich. Alles hängt an einem Mann: Rolf Steinmüller. Der 59jährige, der nach der Wende die in Wittenburg ansässige Erzeugerorganisation »Mecklenburger Erde« aufgebaut
hat, schaffte es, als Einzelkandidat einen Sitz im Stadtparlament zu erringen. Der PDS-Fraktionsgeschäftsführer bestätigt, daß die Genossen dem parteilosen Steinmüller ein entsprechendes Angebot gemacht haben: »Wir haben ihm einen Platz im Ausschuß für Liegenschaften, Wirtschaftsförderung und Tourismus freigehalten.« Die Arbeit in diesem wichtigen Gremium ist Steinmüller vertraut. In der letzten Legislaturperiode saß er dem Ausschuß im Auftrag der Sozialisten als »sachkundiger Bürger« bei, nachdem er es mit der »Union freier Bürger« nicht ins Stadtparlament geschafft hatte.
Am 8. Juli hat sich die Stadtvertretung konstituiert. Eine Entscheidung für oder gegen die PDS hat Steinmüller laut Menzlin aber noch nicht getroffen, den Sozialisten jedoch ausdrücklich »keine Absage« erteilt. Der Kommunalpolitiker will offenbar erst einmal abwarten. Als Alternative böte sich an, zusammen mit Dietrich Thierfelder eine Minifraktion zu bilden. Die Kommunalverfassung läßt das
ab zwei Abgeordneten zu. Der 58jährige Frauenarzt, der ebenfalls als Einzelkandidat einen Sitz im Stadtparlament errang, war in der letzten Legislaturperiode Vorsitzender jenes Ausschusses, dem auch der Bürger Steinmüller angehörte. Thierfelder ist zwar SPD-Mitglied, doch hat seine Fraktion spätestens mit ihm gebrochen, seit er einen Abwahlantrag gegen den SPD-Baudezernenten Axel Höhn stellte.
Steinmüller stehe es laut Menzlin frei, sich der PDS-Fraktion direkt anzuschlie-ßen, oder aber mit ihr eine Zählgemeinschaft zu gründen. Für die Zusammenarbeit gibt es ein gewichtiges Argument: Die Minifraktion wäre zur politischen Wirkungslosigkeit verdammt, weil sie keinen Anspruch hätte, in den Ausschüssen vertreten zu sein. Selbst wenn sich das Stadtparlament auf elf Mitglieder pro Ausschuß geeinigt hätte, wie es der Schweriner CDU zeitweilig vorschwebte, hätte die Zweierfraktion nur eine rechnerische Chance gehabt. Durch die beschlossenen Neuner-Ausschüsse wären Steinmüller und Thierfelder nun endgültig auf die Gnade der Großen angewiesen. Bei der PDS versichert man indes, daß es der Fraktion bei der Anwerbung Steinmüllers nicht ausschließlich um das »politische Signal« geht. Der Mann habe in der vergangenen Legislaturperiode eine »ordentliche Leistung« gebracht, lobt Menzlin nordisch kühl. Er glaube, daß Steinmüller »die Arbeit hier belebt«. Der CDU zum Trost: Absolut bleibt sie in jedem Fall stärkste Fraktion. Selbst wenn man die 716 Stimmen, die Steinmüller am 13. Juni auf sich vereinigte, zu den 31 668 PDS-Stimmen hinzuzählt, hätte die Union noch 42 Voten mehr
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