Hecking schafft ein »Reizklima«
Erstmals rückt Nürnbergs Coach von seinem Team ab
In den 33 Monaten seit Amtsantritt im Dezember 2009 hat Dieter Hecking (Foto: dpa/Steffen) den 1. FC Nürnberg mit seiner unaufgeregten Fachlichkeit in die Erfolgsspur gebracht. Er hat sich dabei stets vor sein Team gestellt. Es weiß wohl niemand so gut wie er, dass sein Kader so besetzt ist, dass er einzelne Spieler auch dann stark reden muss, wenn sie erkennbar Probleme mit gehobenem Bundesliganiveau haben.
Wenn jemand wie Hecking zu einer Wutrede ansetzt wie am Samstagabend in Freiburg, gibt es deshalb auch keine geschwollene Halsschlagader zu sehen, auch die Dezibelzahlen bleiben im Rahmen. »Wir brauchen keine Alibi-Ausreden. Vielleicht brauchen wir eher ein Reizklima«, ging der Trainer, mit seiner lethargischen Mannschaft ins Gericht. »Wir haben leider alles verloren, was uns an den ersten drei Spieltagen ausgezeichnet hat. Ich habe die Laufbereitschaft bei hohem Tempo und ein gutes Zweikampfverhalten vermisst«, sagte Hecking und kündigte für die Länderspielpause ein paar anstrengende Trainingseinheiten an. »Die Nationalspieler können froh sein, dass sie jetzt ein paar Tage nicht da sind.«
In der Tat hatte seine Mannschaft bei der vierten Niederlage in Folge einen ganz schwachen Tag erwischt, hatte sich nach dem Rückstand (Cedrick Makiadi, 36.) nur halbherzig gewehrt und konnte nach dem furiosen Freiburger Endspurt mit Toren von Daniel Caligiuri (90.+2) und Marco Terrazzino (90.+3) froh sein, dass die SC-Spieler so großzügig mit ihren Chancen umgegangen waren. Es gab Nürnberger Spieler wie Timothy Chandler, die so gut wie jedes Laufduell verloren - bemerkenswert bei einer Mannschaft, die in der Anfangsphase der Saison in drei furiosen Spielen mit wahren Energieleistungen sieben Punkte gegen den HSV, Gladbach und Borussia Dortmund geholt hatte.
Völlig unverständlich auch, dass sich in Freiburg Nürnberger Spieler fanden, die so taten, als sei die Klatsche gegen ein Team aus dem gleichen Tabellensegment doch irgendwie zufällig zustande gekommen. Wer Sebastian Polter zuhörte, der das »große Potenzial« seiner Mannschaft ebenso lobte wie den »Ballbesitz« und überhaupt »so Anzeichen« gesehen haben wollte, die zu Optimismus Anlass gäben, wusste, warum Hecking zum Stilmittel des Weckrufs griff. Es war wohl kein Zufall, dass mit Innenverteidiger Timm Klose der beste Nürnberger ähnlich drastische Worte fand: »So macht es keinen Spaß. Da versucht man alles, und dann ist man in der Abwehr der Arsch.« Nicht einmal der Gang zur Fankurve gelang. Die Nürnberger Spieler brachen ihn vorzeitig ab, als ihnen ein gellendes Pfeifkonzert entgegenschlug.
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