Hybrid am Himmel

Eine kleine Revolution im Flugwesen? Kein Hubschrauber, kein Flugzeug - einfach ein X 3

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Hybrid am Himmel

Mal ist es pfeilschnell, dann wieder steht es in der Luft, es wendet auf der Stelle, fährt »Fahrstuhl« nach oben wie unten. Das Ding, das jüngst auf der Luft- und Raumfahrmesse ILA bei Berlin die Blicke auf sich zog, um Bewunderung zu ernten, ist kein Hubschrauber und kein Flächenflugzeug. Es ist der X 3, ein neuer Coup der EADS-Tochter Eurocopter.

Früher, in den 40er und 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als die britische Flugzeugfirma Fairey ein derartiges Helikopter-Flugzeug entwickelte, nannte man das Fluggerät noch nicht Hybrid, da war es einfach ein Zwitter. Der hieß »Rotodyne« und startete vor fast genau 55 Jahren zum Erstflug. Bereits damals wollte man die Senkrechtstart- und Landeeigenschaften eines Helikopters mit der Geschwindigkeit von Flächenflugzeugen verbinden. Wozu so viel Platz für Flugplätze verwenden, deren Rollbahnen immer länger wurden, weil die Maschinen rasch wuchsen? Lasst uns doch vor der Haustür einsteigen, lautete die Werbung. Doch die »Rotodyne« brachte nicht den erhofften revolutionären Wandel im Kurzstrecken-Luftverkehr. Schafft das der X 3?

Der ist nicht alleine unterwegs. Diverse Flugzeug- und Hubschrauberfirmen basteln an so einem Hybrid. Bekannt ist, dass das US-Unternehmen Sikorsky bereits in den 80er Jahren einen Flugschrauber namens S-69 testete. Der hatte zwei seitlich angebaute Turbinenstrahltriebwerke. Nun erprobt der US-Gigant seinen X 2, der ist kleiner als das Eurocopter-Wunderding und folgt einem anderen technischen Ansatz. Er hat einen Koaxialrotor wie man ihn von den russischen Kamow-Hubschraubern kennt und wird mit einem Druckpropeller vorangetrieben. Damit erreichte er schon eine Geschwindigkeit von bis zu 460 km/h. 2010 gab Sikorsky bekannt, aus dem X 2 die S-97 entwickeln zu wollen. Das X 2-Programm endete nach nur 23 Flügen. Kamow selbst testete den Ka 92, ein Gerät, das gleichfalls mit einem Druckpropeller ausgerüstet ist. Konkurrenz droht vom US-Unternehmen Bell und AgustaWestland. Die wollen aus ihrem militärischen Schwenkrotor-Flieger »Osprey« die Zivilversion AW609 ableiten.

Das alles inspiriere Eurocopter nur noch mehr, hieß es auf der ILA und so selbstsicher hatte man den X 3 auch schon zuvor auf dem wichtigsten Absatzmarkt vorgestellt. Bei einem Schaufliegen in den USA prahlte man mit den einzigartigen Flugeigenschaften. 420 km/h erreichte der X 3 und reizte dabei seine Leistung nur bis zu 80 Prozent aus. Damit ist der Flugschrauber rund 150 km/h schneller als die schnellsten herkömmlichen Hubschrauber. Seine Steiggeschwindigkeit ist mit fast 36 Metern pro Sekunde mehr als dreimal so groß wie die des US-Transporthelikopters UH-60 »Blackhawk« oder des Eurocopter-Kampfhubschraubers »Tiger«.

Dabei ist es nicht so einfach, Hubschrauber schneller zu machen. Denn die halten sich dank der Bewegung ihrer Rotorblätter in der Luft. Deren Spitzen bewegen sich bei der Vorwärtsdrehung mit mehr als 600 km/h. Entsprechend steigt der Luftwiderstand auf dieser Seite an. Umgekehrt geht bei zu hoher Geschwindigkeit auf der rückwärts drehenden Seite Auftrieb verloren.

Bei dem X 3 sorgen die beiden Propeller für vibrationsarmen Vortrieb und gleichen dabei das Drehmoment des Hauptrotors aus. Diese Technologie ist nicht so störanfällig wie die Kipprotoren der »Osprey«. Zudem baut man den X 3 quasi aus Teilen des übrigen Eurocopter-Sortiments zusammen. Die Zelle stammt vom Hubschrauber EC 365 »Dauphin«, der Hauptrotor vom EC 155. Die zwei Rolls-Royce-Turbinen geben ihre Kraft über ein Getriebe weiter, das die Konstrukteure dem EC-175-Helikopter entnommen haben. Das ist auf jeden Fall kostengünstig und ermöglicht eine rasche Serienproduktion. Auch wenn Eurocopter lieber über den zivilen Einsatz des X 3 bei Rettungsflügen oder bei der Versorgung von Ölplattformen redet, so ist doch klar, dass das große Geld nur fließt, wenn das Militär sich für das Fluggerät interessiert.

Hybrid am Himmel

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