Neil Young
»Psychedelic Pill«
Neil Young paddelt bei seiner Ranch in den Santa Cruz Mountains (Kalifornien) mit einem Gast auf den See hinaus, als plötzlich mit enormer Lautstärke ein Song von ihm über das Wasser schallt. Für Spielereien wie diese ist er - Ex-Mitglied solch famoser Bands wie Buffalo Springfield oder Crosby, Stills, Nash & Young - zu haben. Nahe seinem Haus steht ein Gebäude allein für seine Modelleisenbahnen, ein weiteres nur für seine Oldtimer-Autos. Der CD- und MP3-Hasser hat auch ein neues digitales Musikformat - Pono - ausgetüftelt und steht deswegen mit Warner Brothers in Verhandlung. Zudem hat er gerade hat seine Autobiografie »Ein Hippie-Traum« vorgelegt und schreibt nun an einem Buch über die Autos seines Lebens.
Nach langer Zeit traf Young im Frühjahr wieder mit seiner Begleitband Crazy Horse zusammen. Eigentlich ist Crazy Horse nur eine dreiköpfige Garagenband (ein viertes Mitglied starb 1972 den Drogentod), doch im Zusammenwirken mit dem fabelhaften Gitarristen Young avancierte sie zu einer der besten Gruppen der Welt. Beim Wiedersehen im Frühjahr stimmte die Chemie und so haben Neil Young und Crazy Horse gleich zwei neue Alben eingespielt: das bereits im Juni erschienene »Americana«, auf dem amerikanische Volkslieder in Rockmusik verwandelt werden, und das Triple-Album »Psychedelic Pill« mit insgesamt acht neuen Neil-Young-Songs und einer Laufzeit von 88 Minuten.
Die Musik auf »Psychodelic Pill« ist eine Mischung aus elektrischem Folk und verzerrtem Grunge-Rock, die Texte drehen sich um persönliche Erinnerungen, um Freundschaft, Liebe und Sterblichkeit. Der erste Song ist auch gleich der problematischste. Denn »Driftin' Back« ist ein Brocken von fast 28 Minuten und damit das längste Lied in Youngs Karriere überhaupt. Meistens jammen Crazy Horse und Young hier miteinander und hatten offensichtlich viel Spaß dabei, bis hin zur Trance - aber hätte nicht die Hälfte der Zeit ausgereicht?
Auch »Ramada Inn« - der Song handelt von einem durch lange Liebe zusammengeschweißten Paar - kommt auf allzu lange 17 Minuten Spielzeit. Nur bei »Walk Like A Giant«, in dem Young den jugendlichen Idealen seiner Generation hinterhertrauert und wo immer wieder eine eingängige Hookline gepfiffen wird, ist die Laufzeit von über 16 Minuten wohl gerechtfertigt, denn der Song ist - trotz minutenlanger Lärmattacke zum Ende hin - ein echter Killer. Weitere musikalische Leckerbissen sind der Titelsong sowie »She's Always Dancing« - beide handeln von einem (in Trance?) tanzenden Mädchen. Vielleicht ist ja Neil Youngs Muse gemeint.
Neil Young: Psychedelic Pill (Warner Music)
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