Ein Theater an der Kante
Insolvenz in Rostock?
Weil Kultur Geld kostet, ist sie nicht beliebt. Aus den Landeshaushalten fließen nur wenig finanzielle Mittel an Kulturinstitutionen, die man als etwas Lästiges betrachtet, das mit Geldbeträgen gefüttert werden muss, obgleich es keinen Profit abwirft. Doch ein Bürgermeister sollte wissen, dass die Stadt, die er verwaltet, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht aufregender und interessanter wird, wenn das stadteigene Theater kaputtgespart wird.
In Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise arbeitet man erfolgreich an der Abschaffung der Kultur: Nun soll das bereits seit Jahren ungenügend finanzierte Rostocker Volkstheater, dessen Träger die Hansestadt Rostock ist und das zunächst in eine GmbH umgewandelt wurde, das erste sein, dem die Insolvenz bevorsteht. Einig ist man sich darin, »dass die Volkstheater GmbH unterfinanziert war, ist und bleibt«, wie es gestern im NDR hieß. Selbst das Dach des Großen Hauses sei mittlerweile undicht, so die »Schweriner Volkszeitung«. Es wäre die erste Insolvenz in der deutschen Stadttheatergeschichte.
Seit gestern sind Insolvenzanwälte aus Berlin damit beschäftigt, die Bühne, der für das Jahr 2013 1,3 Millionen Euro fehlen, zu begutachten und ihre finanzielle Situation zu prüfen. Ob die Spielstätte in Betrieb bleiben kann, hängt ganz von ihnen ab. Sollte ihr Urteil negativ ausfallen, muss das Theater schließen. Ab November wäre das Haus nicht mehr in der Lage, seine Kosten zu decken.
Roland Methling, Rostocks parteiloser Oberbürgermeister, der vorgibt, keine Insolvenzgefahr zu sehen, verlangt von der Theaterleitung nun, die fehlende Geldsumme aus eigener Kraft aufzubringen. Doch Stefan Rosinski, der kaufmännische Geschäftsführer der Rostocker Bühne, hält das für völlig unmöglich: »Selbst wenn jegliche Investition in Gebäude und Technik unterbliebe, die Etats für Gastsolisten und Regisseure gestrichen würden, könnte der Fehlbedarf nicht ausgeglichen werden. Aufgrund des schon bestehenden Überschuldungsstatus wäre das Volkstheater dann nicht mehr zahlungsfähig«, meint Rosinski. »Das Theater steht an der Kante. Das ist eine Situation, wie es sie in der Geschichte des deutschen Stadttheaters in dieser Form noch nie gegeben hat«, sagte er dem »nd«.
Der Vertrag des derzeitigen Intendanten des Volkstheaters, Peter Leonard, soll voraussichtlich Mitte 2014 auslaufen. Die Landesregierung beabsichtigt nun anscheinend, den dann freiwerdenden und bereits ausgeschriebenen Posten des Intendanten nicht neu zu besetzen. Der Stadt Rostock wird auf diese Art wenig subtil mitgeteilt, dass sie Entscheidungen ohne die Landesregierung nicht mehr zu treffen hat.
Oberbürgermeister Roland Methling will nun mit Personalentscheidungen warten und die Suche nach einem Nachfolger Leonards einstellen, obwohl für die im Dezember ausgeschriebene Intendantenstelle bereits 28 Bewerbungen vorliegen. Rosinski hält das für grundfalsch. Ohne künstlerischen Leiter sei der Spielbetrieb nicht aufrechtzuerhalten.
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