Böses Spiel!

Volkstheater Rostock

  • Gunnar Decker
  • Lesedauer: 3 Min.

Vor knapp zwei Wochen hofften Optimisten noch, das von Insolvenz bedrohte Volkstheater Rostock sei gerettet. 450 000 Euro von der Stadt plus Eigeneinsparungen in gleicher Höhe sollten die Insolvenz abwenden und das Volkstheater als eigenständiges Vierspartenhaus auch für die Zukunft erhalten. Nun bringt ein Interview von Rostocks Oberbürgermeister Methling in der »Ostseezeitung« (26.1.) die wahren Pläne ans Licht. Das Land (Kultusminister Brodkorb) und Methling sind sich einig: Statt der 18,2 Millionen Euro für 2013 soll das Volkstheater künftig nur noch 12 Millionen an Zuschüssen erhalten - damit wäre sein Aus besiegelt. Und das kurz nachdem die Rostocker Bürgerschaft einstimmig (!) für den Erhalt des Volkstheaters gestimmt hatte. Welch perfides Spiel.

Wie er das mit dem 12-Millionen-Euro-Bugdet meint, hat Methling auch gesagt. Die Sparten Tanz und Musiktheater sollen verschwinden. Bleiben sollen nur das Schauspiel und die Norddeutsche Philharmonie. Die wäre aber ohne Opernproduktionen am Hause zur Hälfte beschäftigungslos - ein Fingerzeig auf ihr weiteres Schicksal. Erstmals dankte Methling dem Minister Brodkorb in Schwerin auch für den von ihm eingeleiteten Prozess der Fusion der Theater Rostock und Schwerin. Diese wollen nun beide Politiker gegen den massiven Widerstand nicht nur der Theater und ihres Publikums, sondern auch der Rostocker Bürgerschaft durchpeitschen. Es könne nicht angehen, dass schlechte künstlerische Leistungen mit hohen Subventionen belohnt werden, äußerte Methling. In Rostock gingen nur noch zwei- bis dreitausend Menschen regelmäßig ins Theater. Dafür sei dessen Unterhalt zu teuer. Der kaufmännische Geschäftsführer des Volkstheaters Stefan Rosinski widersprach dieser Art von kontinuierlichem Schlechtreden des Hauses mit dem Hinweis darauf, dass pro Saison etwa 120 000 Karten verkauft würden.

Das Methling-Interview ist ein Testballon für den weiteren geplanten Kulturabbau in ganz Mecklenburg-Vorpommern. Kultur soll nicht Geld kosten, sondern Geld einbringen, so neoliberal denkt sich das der Minister. Und so soll auch der beschlossene Theaterneubau nicht wie vom Volkstheater und der Bürgerschaft errechnet, 60 Millionen Euro kosten, sondern nur 40 Millionen. Damit, so Rosinski, könne man aber bestenfalls eine reduzierte Gastspielbühne errichten. Bekommt Rostock nun also ein neues Theater, wenn das Volkstheater längst aufgehört hat, als eigenständiges Haus zu existieren? Das scheint nun mehr als eine böse Vorahnung, es ist längst in Planung.

Zum bösen Spiel gehört auch das unwürdige Procedere um das Ausschreibungsverfahren für einen neuen Intendanten ab 2014. Es gibt 28 Bewerber, einige hochkarätige sind darunter, mit denen Rostocks Theater wieder eine Zukunft hätte. Methling und Brodkorb aber haben das Verfahren kurz vor seinem Abschluss gestoppt. Nach ihrem Willen soll Rostock überhaupt keine eigenständige künstlerische Leitung mehr bekommen. Denn das schlimmste, was ihren Zerstörungsplänen jetzt noch passieren könnte, wäre ein künstlerischer Aufschwung am Volkstheater.

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