Karlsruhe stärkt Schwule und Lesben
Einschränkung im Adoptionsrecht für verfassungswidrig erklärt / Beifall von der Opposition und weiter gehende Forderungen
Berlin (nd). Wichtiger Schritt zur Gleichstellung von Homosexuellen: Das Bundesverfassungsgericht hat das Adoptionsrecht von Schwulen und Lesben gestärkt. In einem am Dienstag verkündeten Urteil verwarfen die Karlsruher Richter das bisher gültige Verbot der sogenannten Sukzessivadoption als verfassungswidrig. Dabei geht um Fälle, in denen einer der beiden Partner ein Kind adoptiert hat und auch der andere Partner Adoptivmutter oder -vater werden möchte.
Das Gericht hatte sich mit einer Beschwerde einer Ärztin aus Münster befasst, deren Lebenspartnerin im Jahr 2004 ein Mädchen aus Bulgarien adoptiert hatte. Da inzwischen 13-Jährige Kind lebt mit beiden Müttern im gemeinsamen Haushalt. Der Wunsch der Ärztin, ebenfalls Adoptivmutter zu werden, hatten Gerichte bisher unter Verweis auf das Verbot der Sukzessivadoption abgelehnt.
»Es ist davon auszugehen, dass die behüteten Verhältnisse einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer Ehe«, entschieden nun die Karlsruher Richter. »Bedenken, die sich gegen das Aufwachsen von Kindern in gleichgeschlechtlichen Elterngemeinschaften im Allgemeinen richten, wurden in der ganz überwiegenden Zahl der sachverständigen Stellungnahmen zurückgewiesen.«
Bei der Opposition stieß das Urteil auf Beifall. Die Bundestagsabgeordnete der Linken, Cornelia Möhring, teilte im sozialen Netzwerk Facebook mit, die Entscheidung aus Karlsruhe freue sie. Die hessische Landtagsabgeordnete der Linkspartei, Janine Wissler, sprach auf dem Kurznachrichtendienst Twitter von einem »guten Urteil«. Die lesben- und schwulenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Barbara Höll, sagte, es sei für Kinder »unerheblich, ob sie in einer heterosexuellen Ehe oder einer Regenbogenfamilie aufwachsen, sie benötigen Liebe, Sorge und gleiche Rechte«.
Der grüne Bundestagsabgeordnete Kai Gehring twitterte »Super! Danke Karlsruhe«. Seine Fraktion begrüßte das Urteil als „Sieg für das Kindeswohl“. Die Partei forderte umgehend, „dass sich die Koalition von Merkel und Rösler endlich zur verfassungsrechtlichen Ordnung bekennt, statt ihre ideologischen Vorbehalte gegenüber Lesben und Schwulen auf Kosten der Kinder auszutragen“.
Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionsvize Christine Lambrecht. Sie sprach von einem »wichtigen Zwischenschritt«, forderte die schwarz-gelbe Bundesregierung jedoch auf, »das Adoptionsrecht komplett zu überarbeiten, um auch den Weg für Adoptionen für gleichgeschlechtliche Paare frei zu machen«. Die Kanzlerin müsse »endlich ihre diskriminierende Haltung gegenüber homosexuellen Lebenspartnern einstellen«. Lambrecht verwies auf insgesamt fünf Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die diese Diskriminierung für verfassungswidrig erklären. Das sollte Schwarz-Gelb »eine Lehre«.
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