Italien ist nicht weit

  • Brigitte Zimmermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Italiener versteht man also auch nicht mehr. Viel Volkes Stimme für lustvolle Laiendarsteller, die jetzt danach rufen, das schöne Wahl-Schauspiel erneut auf den Spielplan zu setzen. In der Vor-Komikerzeit nannte man das hochtrabend politische Agenda. Ist das italienische Clown-Aufkommen nur die Vorstufe dessen, was demnächst überall eintritt? Nicht auszuschließen. Stefan Raab wurde schon als Moderator ins deutsche Fernsehduell der Kanzlerkandidaten hineingeredet. Vielleicht animiert ihn das, bei nächster Gelegenheit selbst zu kandidieren. Wadde hadde du denn da? Eine Kandidatur? Jawohl, demokratisch legitimiert. Und wie viele Stimmen bekäme er ? Wir wollen es uns gar nicht vorstellen. Italienische Verhältnisse sind jedenfalls nicht so weit entfernt wie manche denken. Beruhigender wäre vielleicht die Erklärung, dass in römischen Reichen die Lust am Untergang bereits in den Genen angelegt ist und schwer wieder rauszukriegen. Nur sind in Deutschland vermeintlich tausendjährige Reiche viel schneller untergegangen als jedes denkbare römische. Bringt uns also nicht weiter.

Vermutlich ist Italien nur eine Unterabteilung des großen Komplexes, der da lautet: Eigentlich versteht man nicht nur die Italiener, sondern die ganze Welt nicht mehr. Nichts passt noch zusammen, nicht einmal annähernd. Mann und Frau ohnehin nicht. Verstand und Gefühl dito. Das wirkliche Leben und die Politik. Realwirtschaft und virtuelle Finanzwirtschaft. Die Darstellung von Personen, Waren und Doktorarbeiten und ihre tatsächliche Qualität. Nach Rinderwahn, Schweinepest, Vogelgrippe, verlogenen Eiern, Schimmelpilz im Futter und totem Pferd überall, wo es nicht vermutet werden durfte: Die Zeit ist auch reif für die Erkenntnis, dass Mensch und Tier nicht zusammen passen und getrennt voneinander gehalten werden sollten.

Den ganzen Desastern ist gemeinsam, dass die Systeme der Welteinrichtung, mit denen es der Mensch herrlich weit gebracht zu haben glaubt, nun nachhaltig zurückschlagen. Komiker an der Spitze der Hochrechnung werden möglich, weil das völlig vernutzte so genannte repräsentative demokratische System nur noch durch und durch mittelmäßige, ewig aalige Anpasser vom Schlage Angela Merkel oder Bürokraten vom Typ Mario Monti hervorbringt. Wirtschaftshörig und ansonsten ohne jede Inspiration. Jähe Meinungswechsel, oft fast unbegründet, Spracharmut, Temperamentlosigkeit. Das lässt Raum für Abenteurer. Und da muss man froh sein, wenn es keine gefährlichen Rechten sind, die in die Leerstellen drängen. Sie würden auch in Deutschland Stimmen bekommen.

Vom System Marktwirtschaft, das weder seine größten Profiteure noch die Politik zu mäßigen imstande ist, nehmen wir uns heute mal die industriell aufgebaute Nahrungskette vor. Diese Hervorbringung, nicht zuletzt gestützt auf mannigfache menschliche Übergriffe gegenüber der Tierwelt, gibt nunmehr die Zu- und Anwendungen zurück, die investigative Unternehmer, öffentlich immer hoch gelobt, hineingesteckt haben: Gift im Futter, Medikamente im Fleisch, Krankheitserreger, die nicht zu vernichten sind. Alles nicht neu, aber nun wird es langsam massiv. Weil Gewinnsucht, erst auf Kosten der Tiere, nun auch der Menschen, keine Grenzen kennt. Und wo bleiben die Komiker? Sind natürlich lange am Werke. In nervigen Fernsehsendungen wie »Deutschlands liebste TV-Tiere« zum Beispiel. Ganz herzig. Verklärung statt Aufklärung. Hund, Katze, Fisch in Einzelhaltung, die das Massenelend verdeckt. Tierisch.

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