Auch nur ein Plagiat?

Guttenberg-Film

  • Lesedauer: 2 Min.

Der Film »Der Minister«, den Sat. 1 am Dienstag ausstrahlte, hatte eine gewollte Ähnlichkeit mit der realen Episode über den Aufstieg und Fall des Barons zu Guttenberg. Der musste als Verteidigungsminister zurücktreten, nachdem nicht mehr zu leugnen war, dass er bei seiner Promotion zu viel und zu offensichtlich von anderen abgeschrieben hatte. Sat. 1 hat aus dem Stoff eine Satire produzieren lassen.

Die Drehbuchschreiberin Dorothee Schön hat sich möglicherweise von der Politsatire Guttenberg zu sehr inspirieren lassen - jedenfalls behauptet dies das Satire-Magazin »Titanic«. Eine Reihe von Dialogen habe Schön aus einem Artikel des »Titanic«-Autors Oliver Maria Schmitt (»Wüstentreff mit Guttensteph«, Ausgabe 2/11) abgeschrieben. Das Magazin belegt diesen Vorwurf auf ihrer Internetseite mit einer Reihe von Zitatgegenüberstellungen. In der »Titanic«-Redaktion nimmt man den Plagiatsfall mit Humor. Es müsse als »gelungen satirisch und jedenfalls eindrucksvoll konsequent genannt werden: daß das Drehbuch über einen Plagiator selbst schon wieder Plagiat ist«.

Man hätte im Zeitalter der Kulturindustrie eigentlich ahnen können, dass - anders als in früheren Jahrhunderten, die noch nicht die allseits verfügbaren Instanzen der permanenten Gedächtnisspeicherung (Fernsehen, Internet) kannten - der Diebstahl geistigen Eigentums zwangsläufig auffallen muss. Was früher verborgen blieb, wird heute schonungslos öffentlich.

Helene Hegemann, Autorin des Buches »Axolotl Roadkill«, der schon kurz nach Erscheinen des Buches nachgewiesen wurde, dass sie Passagen ihres Romans aus einem Weblog abgeschrieben hatte, verteidigte dieses Plagiat damit, dass »Copy & Paste« schließlich ein Charakteristikum ihrer Generation sei und gerade deshalb den Anspruch des Glaubwürdigen habe. So gesehen geht der Plagiatsvorwurf der »Titanic« fehl. Abschreiben ist kein geistiger Diebstahl, sondern die authentische Kulturtechnik der Kulturindustrie. jam

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