Salafisten planten mehrere Anschläge
Ermittlungen gegen eine vierköpfige Gruppe, die den Pro-NRW-Chef attackieren wollte
Essen/Dortmund (Agenturen/nd). Die vier festgenommenen Salafisten hatten neben dem Chef der rechtsextremen Splitterpartei Pro NRW, Markus Beisicht, wahrscheinlich noch weitere Personen im Visier. In ihren Wohnungen in Nordrhein-Westfalen wurde neben einer scharfen Schusswaffe und mehr als 600 Gramm einer sprengstofffähigen Substanz auch eine Liste mit insgesamt neun rot markierten Namen gefunden, wie der Pressesprecher der Essener Polizei, Lars Lindemann, gestern erklärte. Ob es sich dabei um eine »Todesliste« handele, sei ungewiss, sagte der Essener Ermittlungsleiter Rainer Pannenbäcker. Die vier Festgenommenen sollten noch am Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt werden. Die Ermittler gehen nicht davon aus, dass noch weitere Personen Gruppe gehören, hieß es.
In den Fokus der Polizei seien die Verdächtigen bereits seit November geraten, sagte Lindemann unter Hinweis auf »verdeckte Maßnahmen«. Nach Hinweisen auf eine akute Gefahr habe eine Spezialeinheit zwei von ihnen am Dienstagabend in einem Auto nahe der Wohnung Beisichts in Leverkusen festgenommen. Die beiden anderen Männer wurden am Mittwoch bei Durchsuchungen ihrer Wohnungen in Essen und Bonn festgenommen. Gegen die 23, 24, 25 und 43 Jahre alten Männer laufe ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Dortmund.
Im vergangenen Jahr war es bei Kundgebungen gegen »Pro NRW« mehrfach zu Ausschreitungen durch gewalttätige Salafisten gekommen. Die rechtsextremistische Splitterpartei hatte bei Wahlkampfveranstaltungen vor Moscheen die umstrittenen Mohammed-Karikaturen gezeigt, um die Islamisten damit zu provozieren. Bei einer Gegendemonstration in Bonn hatte ein radikal-islamischer Salafist zwei Polizisten mit einem Messer angegriffen und verletzt, er wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt.
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte am Mittwoch nach den Festnahmen erklärt, die Sicherheitsbehörden nähmen die Gefahr durch salafistische Extremisten sehr ernst. Die Rechtsextremisten der Splitterpartei Pro NRW schürten mit ihren Kampagnen gezielt Ausländerhass. Das rechtfertige aber kein gewalttätiges Vorgehen von Salafisten, erklärte der Minister.
Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach forderte nach den Festnahmen und der Großrazzia gegen salafistische Vereine, gewaltbereite religiöse Fanatiker leichter ausweisen zu können: »Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Ausreisepflicht nur für politisch motivierte Gewalttäter gelten sollte, nicht aber auch für religiös motivierte Fanatiker«, sagte Bosbach der »Neuen Osnabrücker Zeitung«.
Nach Razzien in Hessen und in Nordrhein-Westfalen am Mittwoch verbot Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) drei islamistische Vereine - »Dawa FFM« und »Islamistische Audios« in Frankreich, sowie die nordrhein-westfälische Vereinigung »an-Nussrah«.
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