Protest Made in China
Interaktive Karte zeigt China als Land des Arbeiterkampfes
Zehntausende Tote durch Arbeitsunfälle. Millionen Kinderarbeiter. Hunderte Millionen Menschen, die für einen Hungerlohn ihre Heimat verlassen: Informationen über die verheerenden Arbeitsbedienungen in China sind so erschüttern wie allgemein bekannt. Weniger Verbreitung finden hingegen Nachrichten über chinesische Arbeiter, die sich gegen ihre Ausbeutung zur Wehr setzen. Mit einer interaktiven Karte will die chinesische Nichtregierungsorganisation „China Labor Bulletin“ nun den Zugang zu Informationen zu dem Thema erleichtern.
Die Karte funktioniert nicht anders als Google Earth: Auf einem Satellitenbild Chinas stehen kleine Piktogramme für die unterschiedlichen Formen des Protest. Ein weißes Männchen symbolisiert Streiks für bessere Arbeitsbedingungen. Ein kleiner blauer Bus steht für Proteste im öffentlichen Dienst. Ein gelbes Dollar-Zeichen zeigt die Orte, an denen um bessere Löhne gekämpft wird. In einer Spalte lässt sich die Suche auf eine Region, einen Industriezweig oder Zeitraum verfeinern. Nach einem Klick erscheinen genaue Informationen zu Ziel und Teilnehmerzahl des Protest. Links verweisen auf Hintergrundinformationen.
Vor allem das Ausmaß des Arbeitskampfes überrascht: 7000 Angestellte besetzen in der Stadt Tanjin ein Betriebsgelände von Motorola und fordern bessere Bezahlung. In Zhejiang legen Busfahrer aufgrund ausufernde Überstunden die Arbeit nieder. In einem Vorort von Hongkong streiken Fabrikarbeiter gegen ausbleibende Löhne. Schon die bloße Anzahl der Proteste widerspricht dem Bild des sich sklavisch seinem Schicksal fügenden chinesischen Arbeiters: 186 Proteste listet die Karte für dieses Jahr. Allein vergangene Woche fanden 13 Demonstrationen und Streiks mit Tausenden Teilnehmern statt.
Verantwortlich für das Projekt ist die chinesische Nichtregierungsorganisation „China Labor Bulletin“. Seit 1994 versucht diese, die Situation von Arbeitern in China zu verbessern. Dazu hilft sie Arbeitern vor Gericht, ihre Rechte einzuklagen, unterstützt den Aufbau von Gewerkschaften und macht Fälle von Diskriminierungen öffentlich. Ziel des Projekts sei es „der Öffentlichkeit zu einem klareren Bild über die neuen und sich schnell wandelnden Entwicklungen der Arbeitsverhältnisse und -rechte in China geben“, schreibt Jenniger Cheung, eine der Mitarbeiterinnen des Projektes, in ihrem Blog. Dass dieser Wandel stattfindet, belegt auch die interaktive Karte: Nach einem Klick bleiben nur jene Piktogramme übrig, die für erfolgreiche Proteste stehen. Auch das sind mehr als man denkt.
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