»Da bleibe ich lieber zu Hause«
Beginnt ein Theaterabend, heben sich zwei Vorhänge: der auf der Bühne und jener im Kopf des Zuschauers, der mit dem ersten Blick auf die Szene seine eigene Inszenierung entwirft - eine Selbst-Inszenierung, und zwar dessen, was die beobachtenden Augen ihm in die Seele, in den Geist diktieren.
Christoph Funke gehört im Sinne dieses Umwandlungs-Vorganges zu den sprachfarbigsten Nach-Erzählern des Theaters; seine Kritiken in der DDR hatten viel (Zeitungs-)Raum und eine Eigenheit, die bei allem Lust am Streit nie verletzend, vernichtend, verreißend war. Funke ging schreibend eigene Wege, aber blieb den Künstlern ein respektvoll und dankbar Folgender.
Geboren wurde Funke 1934 in Chemnitz, er studierte Literaturwissenschaft bei Hans Mayer. In der Tageszeitung »Der Morgen« (der liberaldemokratischen Nebenstation der SED) stieg er vom Kulturredakteur zum stellvertretenden Chefredakteur auf, bis 1990. Seither freischaffend, frei schaffend. Kritiker auch für »neues deutschland«. Zahlreiche Bücher, über Wolfgang Langhoff, Angelica Domröse, die Theaterstadt Berlin (alle mit Dieter Kranz), Heinrich Kilger, Horst Schönemann, Max Reinhardt.
Von 1993 bis 1995 war er Mitglied der Theatertreffen-Jury. Im aktuellen Buch über 50 Jahre Theatertreffen antwortet er auf die Frage, was er täte, wäre er heute Juror: » Ich würde den untauglichen Versuch machen, in der Jury daran zu erinnern, dass man auf dem Theater Geschichten erzählen kann.« Und in welchem Bühnenbild er wohnen möchte? »Da bleibe ich doch lieber zu Hause.«
Er hat viel gesehen. Ist darüber lächelnd weise geworden und weiß, wo man lieber schweigen möge: Theater ist gegen Mode gerichtet und nutzt dafür jede Mode. Aber bis heute bewundernswert bei Christoph Funke: seine Leidenschaft für die Gaukler. Erfahrung gilt ihm als wesentlich, wenn sie belastbar bleibt. Seine Erfahrung als Kritiker blieb es. Zum Vergnügen des Lesers. hds
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