Mehr Geld soll mehr Jobs bringen

Paris und Berlin stellen Initiative gegen Jugendarbeitslosigkeit vor

  • Andrea Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
In Europa sind Millionen Jugendliche ohne Job. Ein neues Programm - initiiert von Frankreich und Deutschland - soll nun helfen.

Fast sechs Millionen Europäer unter 25 Jahren sind arbeitslos und »14 Millionen haben weder eine Arbeit noch einen Ausbildungs- oder Studienplatz«, sagte der französische Präsident François Hollande am Dienstag während einer Konferenz über die Zukunft Europas in der Elitehochschule Science Po in Paris. Der Kampf gegen die europaweite Jugendarbeitslosigkeit, die inzwischen eine Quote von rund 24 Prozent erreicht hat, war eines der Versprechen, die Hollande vor seiner Wahl gemacht hatte.

Auf europäischer Ebene scheint er da ausnahmsweise mal mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf einer Wellenlänge zu liegen. So wollen sich Frankreich und Deutschland künftig gemeinsam verstärkt gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa einsetzen. Beide Länder haben am Dienstag in Paris ihre »deutsch-französische Initiative gegen Jugendarbeitslosigkeit in Europa« vorgestellt - ein Name, den die Deutschen dem ursprünglichen und etwas pompösen Titel eines »New Deal for Europe« vorgezogen haben. An dem Treffen nahmen neben dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble und der Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) ihre französischen Amtskollegen Pierre Moscovici und Michel Sapin sowie Politiker aus Italien und Spanien teil.

Das Programm, über das Anfang Juli beim nächsten EU-Gipfel beraten werden soll, beinhaltet wenig neue oder überraschende Ideen: Kleine und mittlere Unternehmen in Europa sollen durch günstigere Kredite dazu angehalten werden, verstärkt junge Menschen anzustellen. Die Vergabe der zinsgünstigen Kredite durch die Europäische Investitionsbank wird demnach an die Schaffung von Lehrstellen gekoppelt. Ein Austauschprogramm für die Förderung einer dualen Ausbildung auf europäischem Niveau, nach dem Modell des Erasmus-Programms für Universitäten, soll Ländern wie Frankreich helfen, ihren Rückstand bei der Berufsausbildung aufzuholen. Die praktische Ausbildung in einem Unternehmen wird hier mit Theorieunterricht gekoppelt.

Junge Europäer, die ihr eigenes Unternehmen gründen wollen, bekommen finanzielle Unterstützung. Um eine höhere Mobilität von Lehrlingen innerhalb Europas zu erreichen, könnten ihnen demnächst Sprachkurse und Reisekosten finanziert werden.

Für das Programm stellt die EU bereits sechs Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung - sie müssten nur effizienter eingesetzt werden, wie es von französischer Seite heißt. Von der Leyen sagte, die Finanzierungsmittel seien vorhanden. 16 Milliarden Euro könnten demnach zusätzlich aus Europäischen Strukturfonds verwendet werden.

Die Ziele des Programms sind nicht allein wirtschaftlicher Natur. Vielmehr nutzen Paris und Berlin die Gelegenheit, ihr Image zu verbessern - besonders Angela Merkel, die im Ausland als egoistische und erbarmungslose Budget-Kürzerin gilt. Die angekündigten Maßnahmen unterscheiden sich denn auch deutlich von den Sparankündigungen der letzten Monate.

Für Hollande ist die Gelegenheit günstig zu zeigen, dass er sich ganz der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit widmet - und dies genau zwei Tage vor der Veröffentlichung der neuen und voraussichtlich katastrophalen Arbeitslosenzahlen sowie einen Tag, bevor die EU-Kommission ihre aktuelle Einschätzung zur Lage in Frankreich vorstellt. Am Donnerstag treffen sich Merkel und Hollande in Paris - die aktuelle Initiative dürfte dabei eine große Rolle spielen.

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