Musical mit Ironie

Frankenstein in Halle

  • Roberto Becker
  • Lesedauer: 2 Min.

Für die künstlerische Betriebstemperatur eines Mehrspartenhauses wie das Theater Halle ist es allemal belebend, immer mal ein Musical einzuschieben. Im Falle des gerade mal sechs Jahre alten Broadway-Erfolges »Young Frankenstein«, den Mel Brooks aus seiner gleichnamigen Horrorfilm-Parodie von 1974 gemacht hat, ist es sogar eine deutschsprachige Erstaufführung.

In die Nummern, die im Geiste immer auf Beinewerfen an der Rampe und großen Revuetreppenauftritt aus sind, fügen sich die flott frechen Dialoge mit gut geölter Pointenmechanik ein. Den schon viele Jahrzehnte leinwandbekannten Schädel des Monsters, die wie auf Knopfdruck funktionierenden Prothesen des Inspektors oder den Buckel des selbst wie eine Kreation Frankensteins aussehenden Gehilfen Igor - das kann man sich alles in zig Versionen im Internet anschauen.

Das Kunststück für ein Theater besteht darin, dennoch den Funken überspringen zu lassen und aus dem bewährten Hit Kapital zu schlagen. Und genau dafür sind der Hallesche Ballettchef Ralf Rossa und ein punktgenau zusammenpassendes Ensemble, samt Ballett und Chor, genau die Richtigen. Mit einem Titel in Frakturbuchstaben und Schwarz-Weiß samt Gruselschloss im Hintergrund beginnt die so simple wie vorhersehbare Story. Die führt den letzten Frankenstein (famos: Björn Christian Kuhn) aus seiner New Yorker Mediziner-Existenz zurück zu den Familienwurzeln nach Transsilvanien. Da kommt es dann, wie es kommen muss: eine wiehernde Haushälterin (Gabriele Bernsdorf) entpuppt sich als Ex-Geliebte des verstorbenen Monster-Schöpfers, was natürlich eine Steilvorlagen für einen der Hits ist.

Die vor allem äußerlichen Vorzüge der blonden Inga (auch jodelfest: Julia Klotz) wirken auf Frankenstein ebenso anziehend wie die des Monsters auf die schräge amerikanische Verlobte Frankensteins (divenschrill: Anna Thorén). Weil auf der Bühne alles mit einer Handbreit Ironie über dem Boden der Abgründe schwebt und auch im Graben unter Leitung von Robbert van Steijn die Musicalpost abgeht, stürmt diese amerikanische Kreation in bester Verfassung durchs Ziel. Für die, die es mögen, ein obendrein gut gemachter Zugewinn.

Nächste Vorstellung: 19.6.

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