Datensicherheit durch Primzahlen

Fast 300 Jahre alte mathematische Vermutung bewiesen

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 3 Min.

Jede natürliche Zahl, die nur durch 1 und sich selbst teilbar ist, wird Primzahl genannt. Die 1 gilt per definitionem nicht als eine solche. Mithin ist die gerade Zahl 2 die kleinste Primzahl. Alle anderen Primzahlen sind ungerade: 3, 5, 7, 11, 13, 17 etc.

Der Begriff Primzahl stammt aus dem Französischen (»nombre premier«) und bedeutet soviel wie »erste Zahl«. Tatsächlich könnte man Primzahlen als die Atome der Mathematik ansehen. Denn jede natürliche Zahl lässt sich als Produkt von Primzahlen darstellen, wobei diese Darstellung bis auf die Reihenfolge der Faktoren eindeutig ist. Zum Beispiel: 30 = 2 x 3 x 5 oder 6936 = 2 x 2 x 2 x 3 x 17 x 17.

Schon der griechische Mathematiker Euklid hatte den Beweis erbracht, dass es unendlich viele Primzahlen gibt. Durch den Einsatz extrem leistungsfähiger Computer ist es in den letzten Jahren gelungen, immer größere Primzahlen zu generieren. Den gegenwärtigen Rekord hält seit dem 25. Januar 2013 der US-Mathematiker Curtis Cooper. Die von ihm an der University of Central Missouri ermittelte Primzahl hat über 17 Millionen Stellen. Würde man sie auf Papier im A4-Format ausdrucken, bräuchte man dazu fast 6000 Seiten.

Doch trotz aller Supercomputer sind einige Primzahlen-Rätsel bis heute ungelöst. So hatte der deutsche Mathematiker und Jurist Christian Goldbach 1742 behauptet, dass sich jede gerade Zahl größer als 2 als Summe zweier Primzahlen darstellen lässt: 8 = 5 + 3 oder 24 = 19 + 5. Mathematiker sprechen hier von der »starken Goldbachschen Vermutung«, für die bislang jedoch kein Beweis existiert. Aber es gibt auch eine »schwache Goldbachsche Vermutung«, die besagt: Jede ungerade Zahl größer als 5 kann als Summe von drei Primzahlen geschrieben werden: 13 = 5 + 5 + 3 oder 35 = 19 + 11 + 5.

Am Computer konnte man bis vor kurzem immerhin zeigen, dass diese Vermutung für alle ungeraden Zahlen bis 4 x 1018 gilt. Außerdem lieferten unter anderem russische Mathematiker den Beweis, dass Goldbachs Annahme auf alle ungeraden Zahlen zutrifft, die größer sind als 2 x 101346. Dazwischen klafft eine riesige Lücke, die zu schließen jetzt dem aus Peru stammenden Mathematiker Harald Helfgott (35) gelungen ist, der an der École Normale Supérieure in Paris forscht. Damit läge nach 271 Jahren erstmals ein Beweis für die »schwache Goldbachsche Vermutung« vor. Die Beweisführung selbst zieht sich über 133 Seiten und wird, bevor sie in die Lehrbücher eingehen kann, noch von anderen Mathematikern auf ihre Korrektheit hin überprüft werden müssen.

Anders als mancher jetzt vielleicht denken mag, ist die Erforschung der Primzahlen mehr als eine mathematische Spielerei. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Datenverschlüsselung. Hier werden zwischen Sender und Empfänger häufig Zahlen ausgetauscht, die das Produkt zweier Primzahlen darstellen. So ergibt etwa 313 mal 65 537 das Ergebnis 20 513 081. Der Empfänger kann die verschlüsselten Daten aber nur dann exklusiv nutzen, wenn er weiß (und möglichst geheim hält), wie die Primfaktoren der übermittelten Zahl 20 513 081 lauten. Für einen Fremden wäre es dagegen unmöglich, die Primfaktorenzerlegung einer sehr großen Zahl am Computer durchzuführen. Denn selbst die schnellsten Rechner sind derzeit nicht in der Lage, eine aus zwei großen Primzahlen durch Multiplikation gebildete 400-stellige Zahl in Jahresfrist in ihre Teiler zu zerlegen.

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