»Tag der Ablehnung« mit Schüssen

In Ägypten protestierten Zehntausende Anhänger des gestürzten Präsidenten

  • Lesedauer: 3 Min.
Eine blutige Eskalation des Machtkampfes in Ägypten musste für die Nacht zum Sonnabend befürchtet werden. Bereits tagsüber gab es am Freitag Schüsse und Tote.

Kairo (Agenturen/nd). Nur wenige Stunden nach dem Mittagsgebet kamen erste Meldungen über tödliche Gewalt aus der Hauptstadt Kairo. Mindestens drei Tote soll ein Schusswechsel zwischen Anhängern des abgesetzten Präsidenten Mohammed Mursi und Soldaten gefordert haben. Ein AFP-Reporter berichtete, dass sich die Bewaffneten vor dem Hauptquartier der Republikanischen Garde gegenüberstanden. Dort war der gestürzte Präsident vermutet worden. Von beiden Seiten sei Mündungsfeuer zu hören gewesen, Demonstranten seien zu Boden gegangen.

Mit einem zornigen »Freitag der Ablehnung« antworteten vor der Rabia-al-Adawija-Moschee in der Kairoer Vorstadt Nasr City, in Alexandria, Luxor und Damanhur im Nildelta Zehntausende Anhänger des vom Militär am Mittwoch gestürzten Präsidenten und der Islamisten auf die Siegesfeiern des Vortages. Sie wollten den »Militärputsch« nicht hinnehmen, hieß es. Über der Stadt kreisten Hubschrauber. Vor dem Präsidentenpalast waren Panzer aufgefahren.

Die Armeeführung hatte sich zuvor zum Recht aller Bürger auf friedliche Proteste bekannt. »Exzesse« würden aber nicht geduldet. Aufgerufen wurde zu nationaler Einheit und Versöhnung. Die Ägypter sollten auf Racheakte verzichten, hieß es in einer in der Nacht zum Freitag veröffentlichten Erklärung. Jegliche »außergewöhnlichen und willkürlichen Maßnahmen« gegen politische Bewegungen sollten vermieden werden.

Nach islamistischen Angriffen auf Sicherheitskräfte auf dem Sinai schloss Ägypten seinen Grenzübergang zum Gazastreifen auf unbestimmte Zeit. Militante Islamisten hatten laut ägyptischen Sicherheitskreisen in der Nacht fünf Armeekon᠆trollpunkte mit Gewehren und Panzerfäusten angegriffen. Ein Soldat sei getötet, drei weitere seien verletzt worden.

In der Stadt Rafah seien ein Polizeiposten und ein Gebäude des Militärgeheimdienstes mit Raketen angegriffen worden, wurde berichtet. Laut der Nachrichtenagentur Mena hatten Militärhubschrauber einen Wagen mit Bewaffneten beschossen, die zuvor einen Flughafen im Norden des Sinai angegriffen hätten. Bereits am Donnerstagabend waren bei Zusammenstößen zwischen An- hängern und Gegnern Mursis in der Provinz Scharkija im Nildelta nach Polizeiangaben mindestens 30 Menschen verletzt worden. Steine seien geflogen, auch Schrotmunition sei verschossen worden.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon übermittelte Ägypten seine »tiefe Sorge« über das Eingreifen der Armee zum Sturz von Mursi. In einem Telefongespräch mit Ägyptens Außenminister Mohammed Kamel Amr habe Ban eine rasche Rückkehr zu einer zivilen Regierung gefordert, erklärte seine Sprecherin Eri Kaneko am Donnerstagabend. Notwendig sei nun ein friedlicher Dialog, der das gesamte politische Spektrum des Landes einbeziehe.

Die Afrikanische Union (AU) schloss Ägypten, das deren Gründungsmitglied ist, aus der Organisation aus. Der Machtwechsel in Kairo »entspreche nicht der Verfassung Ägyptens«, lautete die Begründung des AU-Sicherheitsrates in Addis Abeba. Ratssekretär Admore Kambudzi verurteilte »die illegale Übernahme der Macht«.

Die Bundesregierung Deutschland, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Freitag, werde »selbstverständlich weiter« diplomatische Kontakte zu diesem »Schlüsselland für die arabische Welt pflegen«.

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