Weniger Yuan für mehr Umwelt
Chinas Notenbank will mit Geldverknappung das Wirtschaftswachstum nachhaltiger machen
Chinas sozialistische Marktwirtschaft funktioniert eigenständiger, als es die westlichen Finanzhauptstädte vermuten. Denn dort wird seit Ende Juni kräftig spekuliert, ob eine »Liquiditätsklemme« der Bank of China existiert und international eine weitere Finanzkrise auslösen könnte. Tatsächlich gibt es derzeit Veränderungen in der Geldpolitik Chinas, die langfristig und tiefgreifend wirken werden. Hintergrund des Vorgehens der neuen Regierung Li Keqiang ist, dass Chinas Wirtschaft inzwischen ein Niveau erreicht hat, das ein stärkeres qualitatives Wachstum dringend verlangt.
Siebeneinhalb Prozent Wirtschaftswachstum werden deshalb offiziell für 2013 anvisiert. Die Jahre des zweistelligen Wachstums sind Geschichte. Diese Entwicklung war seit 2009 durch eine stark ausgeweitete Kreditvergabe im Inland befördert worden, um durch ein Konjunkturprogramm in Höhe von rund 458 Milliarden Euro die Auswirkungen der Staatsschulden- und Finanzkrise in den USA, in Westeuropa und Japan seit 2008 für China beherrschbar zu halten.
Die Straffung der Geldpolitik war also überfällig und die Bank of China geht nun dazu über, die Kreditvergabe flexibel zu handhaben. Daraufhin stiegen in den letzten Wochen die Zinssätze an, zu denen sich die Banken gegenseitig Geld leihen. Das Reich der Mitte blieb auch durch die konjunkturstützenden Maßnahmen der Vorjahre 2012 sogenannter Exportweltmeister, erreichte ein Ausfuhrvolumen von 2,1 Billionen US-Dollar und könnte 2013 die USA als größte Handelsnation der Welt ablösen.
Problematisch bleibt aber, dass die alte, innenpolitisch dominierte Orientierung der Provinzen auf »Wachstum« um jeden Preis und die Kreditvergabe durch die Großbanken die Geldschwemme begünstigte. Es wuchs zudem der »graue Kapitalmarkt«, die in China uralte Tradition des Geldverleihs zu Wucherzinsen. Das nun zurückzuschrauben verlangt, politische Rahmensetzungen konsequent durchzusetzen. Denn Fehlinvestitionen und Überkapazitäten beispielsweise in der Stahlerzeugung, in der Bauindustrie einschließlich des Immobiliensektors, in der Autoproduktion und im Maschinenbau müssen abgebaut werden.
Bei gedrosselter Kreditvergabe geht es deshalb darum, den Druck hin zum Strukturwandel zu verstärken und dabei ein Reformtempo einzuhalten, mit dem diese Veränderungen durchgehalten werden können. Dementsprechend werden »neue strategische Industrien« aufgebaut. Sie betreffen vor allem die Energieeinsparung, den Umweltschutz, neue Informationstechnologien, Biotechnologie, hochwertige Industrieausrüstungen, neue Energiearten, alternative Kfz-Antriebstechniken sowie neue Materialien.
Die Kunst wird für Peking nun darin bestehen, bis zum Ende des zwölften Fünfjahresprogramms 2015 in diesem Prozess die Finanzierungszugänge für private kleine und mittelgroße innovative Firmen so zu erleichtern, dass deren Wettbewerbsfähigkeit im Verhältnis zu den bisher bevorzugten Großunternehmen spürbar gestärkt wird. Der 18. Parteitag der KP Chinas hatte im November 2012 diese Linie vorgegeben, nun geht es um deren schrittweise Umsetzung.
Die Reform des Finanzsektors ist daher eines der wichtigsten Ziele des laufenden Fünfjahresprogramms, bei dem die Regierung aber handlungsfähig bleiben wird. Denn Chinas Zentralbank unterliegt den Weisungen der Regierung, es drücken keine Auslandsschulden und Verflechtungen mit den internationalen Kapitalmärkten sind so angelegt, dass Spekulanten die Geldpolitik Chinas praktisch nicht beeinflussen können.
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