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Zweiklassen-System am Gymnasium

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.
Karikatur: Christiane Pfohlmann
Karikatur: Christiane Pfohlmann

Ein Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat den Gegnern der verkürzten Gymnasialausbildung neue Argumente geliefert. Die Richter wiesen die Klage eines 16-jährigen G8-Gymnasiasten aus Frankfurt am Main ab, der mit einem Hauptschulabschluss entlassen wurde und gerichtlich einen Realschulabschluss durchsetzen wollte. Die Richter stellten in der Urteilsbegründung dem Gesetzgeber frei, G8- und G9-Schüler unterschiedlich zu behandeln.

Die stellvertretende Landesvorsitzende der hessischen GEW, Birgit Koch, sieht sich durch das Urteil, das faktisch ein Zweiklassensystem im Gymnasium rechtfertigt, in ihrer ablehnenden Haltung gegen das Abitur nach 12 Schuljahren bestätigt. Ihr Argument »Gute Bildung braucht Zeit« teilen auch die Initiatoren des von Lehrern, Schülern und Bildungsexperten unterzeichneten »Marburger Bildungsaufrufs«. Schüler bräuchten Zeit für ihre persönliche Entwicklung, anstatt durch die Schule gehetzt zu werden, wird darin der verkürzten Gymnasialausbildung eine Absage erteilt. Das G8-Projekt, für das sich die schwarz-gelbe Landesregierung in Wiesbaden seit Jahren einsetzt, wird in den Kontext einer weiteren Ökonomisierung des Bildungswesens gestellt. Diese sieht in Schulen primär Wirtschaftsunternehmen und in Schülern Humankapital. Der Aufruf aus Marburg spricht sich dagegen für eine demokratische Bildung unter Beteiligung aus.

Das Dilemma für die Verteidiger einer anderen Bildungspolitik besteht allerdings darin, dass der derzeitige Schulstress schon ohne das G8 wenig Zeit für Bildungsstreiks und -proteste lässt. Es sei denn, die Situation wird für die Betroffenen so unerträglich, dass sie nicht mehr bereit sind, diese Zustände hinzunehmen.

Der Autor ist freier Journalist und lebt in Berlin.

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