Jonglieren mit dem Zusatzbeitrag
Linkspartei kritisiert Regierung und Krankenkassen für ihren Umgang mit dem Gesundheitsfonds
Vom Einkommen unabhängige Zusatzbeiträge für gesetzlich Krankenversicherte gelten nach wie vor als Einstieg in die Kopfpauschale - und ihre große Stunde könnte im kommenden Jahr schlagen.
2014 rechnen die Kassen mit einem Minus von zehn Milliarden Euro im Gesundheitsfonds - unter anderem, weil die Bundesbeteiligung um sechs Milliarden Euro gekürzt wird. Die Ausgaben der Kassen werden aber weiter steigen, um etwa fünf Prozent pro Jahr. Kommen Kassen mit ihren Geldzuweisungen aus dem Fonds nicht aus, müssen sie ihre Versicherten zur Kasse bitten. Sind diese damit überfordert, sollen ihre Zusatzbeiträge durch einen Sozialausgleich abgefedert werden. Doch der Ausgleich ist umstritten und nicht so ausgestaltet, dass er tatsächlich alle Bedürftigen erreicht. Er bezieht sich auf einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag, der in jedem Herbst nach den Prognosen eines Schätzerkreises aus Gesundheitsministerium, Bundesversicherungsamt und gesetzlichen Krankenkassen ermittelt wird. Übersteigt dieser Zusatzbeitrag für den einzelnen Versicherten die Grenze von zwei Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen, gibt es automatisch mit der Lohn- oder Gehaltsabrechnung den Sozialausgleich.
Die Fraktion der LINKEN im Bundestag versuchte kürzlich mit einer Kleinen Anfrage auszuloten, wie die Bundesregierung die gesetzlichen Anforderungen an den Sozialausgleich für Zusatzbeiträge erfüllt. Geschätzt werde, so die Antwort von Gesundheitsstaatssekretärin Ulrike Flach, nach dem Vorsichtsprinzip. Abweichungen seien in der »generellen Unsicherheit von Prognosen« begründet. 2011 lagen die Einnahmen des Gesundheitsfonds um 1,7 Prozent, 2012 um 1,8 Prozent höher als zuvor geschätzt. Die Ausgaben fielen 2011 um 2,1 Prozent, 2012 um 2,8 Prozent geringer aus als prognostiziert. Einnahmen würden also eher unter-, Ausgaben überschätzt, schlussfolgert die LINKE. Damit könnte für den Sozialausgleich mehr Geld aus dem Bundeshaushalt fließen als eigentlich notwendig wäre. Gesundheitspolitikerin Martina Bunge hält Schätzungen für nicht geeignet, um den Sozialausgleich zu ermitteln.
Ihre Fraktion befürchtet besonders für ökonomisch schwache Versicherte folgendes Szenario: Sie könnten zur Vermeidung von Zusatzbeiträgen ihre Kasse wechseln, selbst wenn sie danach gesundheitlich schlechter versorgt werden. Das wäre der Fall, wenn die bisherige Kasse ein für sie zweckmäßiges Versorgungsprogramm anböte, die neue Kasse ohne Zusatzbeitrag aber nicht mehr.
Unmittelbar vor der Wahl will die Regierung Versicherte natürlich nicht mit der Aussicht auf zusätzliche Gesundheitsausgaben aufschrecken - ein starkes Argumente, diese wegzurechnen. Das könnte bei schlechter Kassenlage aber anders kommen, fürchten Kritiker wie die LINKE. Muss im Bundeshaushalt gespart werden, würde sich eine Auffüllung des Gesundheitsfonds mit Zusatzbeiträgen anbieten.
Bunge findet es auf jeden Fall nicht glaubwürdig, »dass das Gesundheits- und vor allem das Finanzministerium dauerhaft vorsichtig schätzen werden, wenn dies zu Mehrausgaben im Haushalt von Milliarden führen kann.«
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