Schuldig gesprochen: Multis
Basisorganisationen in Kolumbien veranstalteten symbolischen Gerichtsprozess
Schuldig im Sinne der Anklage: Die kanadische Erdölfirma Pacific Rubiales sowie das südafrikanische Bergbauunternehmen Anglogold Ashanti. Diese Firmen sind in verschiedenen Regionen Kolumbiens aktiv. Die Basisorganisationen werfen den Unternehmen vor, sich massiven Umweltzerstörungen, schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen sowie systematischer Missachtung gewerkschaftlicher Rechte schuldig gemacht zu haben. Den kolumbianischen Staat treffe aufgrund seiner investitionsfreundlichen Politik eine Mitschuld, hieß es am Ende der dreitägigen Veranstaltung, deren Vorbereitung durch Morddrohungen, gehackte Internetseiten und einen Einbruch in das Haus des Solidaritätsnetzwerks »Red de Hermandad y Solidaridad« (Netz der Brüderlichkeit und Solidarität) behindert worden war.
Rodolfo Vecino, Präsident der Erdölgewerkschaft USO, sagte im fiktiven Zeugenstand: »Die jeweiligen Regierungen sind Agenten im Dienste ausländischer und nicht nationaler Interessen.« In der Tat öffnet die kolumbianische Regierung ausländischen Investoren Tür und Tor. Der Abbau von Primärressourcen gilt der Regierung von Präsident Juan Manuel Santos als eine der Wachstumslokomotiven des Schwellenlandes.
Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung über die Folgen dieser Wirtschafts- und Sozialpolitik der vergangenen Jahre nimmt unterdessen zu. Seit Wochen kommt es immer wieder zu Protesten mit Toten und Verletzten, insbesondere im Agrar- und Bergbausektor. Am Montag gingen bei einem nationalen Streiktag nach Angaben der Veranstalter rund 200 000 Menschen in 16 der 32 Provinzen auf die Straße. Teilweise kam es zu Blockaden, 22 Personen wurden festgenommen. Der Protest soll in den nächsten Tagen fortgesetzt werden.
Zu den Demonstrationen hatten in seltener Einigkeit mehrere linke Parteien und Organisationen ebenso wie Gewerkschaften und zahlreiche Gremien des Agrarsektors aufgerufen. Sie fordern eine gerechtere Verteilung von Anbauflächen, eine Begrenzung der Einfuhrmengen und mehr staatliche Unterstützung. Letztere, so will es die Regierung, soll im nächsten Jahr jedoch drastisch gekürzt werden.
»Eine Budgetkürzung würde die Situation der landwirtschaftlichen Produzenten und Landarbeiter verschlechtern, da sie aufgrund der abgeschlossenen Freihandelsverträge nun mit den enorm subventionierten Produkten aus den USA und der EU konkurrieren müssen«, sagte der Senator der Linkspartei Polo Democrático Jorge Robledo. Mit der Unterzeichnung der Freihandelsabkommen habe Kolumbien auf wichtige Schutzmechanismen wie Zölle und die Möglichkeit der Geldabwertung verzichtet.
Präsident Santos sagte am Abend, der Streik habe nicht den erwarteten Umfang gehabt.
Ungewollte Unterstützung für seine Politik hatte der Präsident vorige Woche von der paramilitärischen Gruppierung »Los Rastrojos« erhalten. In einem Kommuniqué, in dem mehrere Gewerkschaftsführer und linke Akteure mit dem Tod bedroht werden, lobte die Gruppe die »guten und noblen Absichten der Regierung von Juan Manuel Santos hinsichtlich des Friedens und des demokratischen Wohlstands« und forderte die Aktivisten auf, ihre Proteste gegen die multinationalen Konzerne einzustellen. Diese würden für Wohlstand und Arbeit sorgen.
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