Gauck: Ex-SED-Mitglieder nach der Wende »nicht über Gebühr belastet«
Bundespräsident vermisst »Entkommunisierung« - frühere »Systemträger« hätten 1990 einen relativ leichten Übergang in die Demokratie erlebt
Berlin (Agenturen/nd). Bundespräsident Joachim Gauck hat den Umgang mit früheren SED-Mitgliedern nach dem Ende der DDR als vergleichsweise milde bezeichnet. »Die Mitglieder der SED haben 1990 einen relativ leichten Übergang in die Demokratie erlebt. Ihre Partei wurde nicht verboten; sie hat sich umbenannt und war kontinuierlich politisch aktiv«, sagte Gauck der »Bild am Sonntag«.
In dem Blatt hatte der Dirigent Daniel Barenboim an den von SPD und Grünen für das Amt des Staatsoberhauptes ins Spiel gebrachten Gauck die Frage gerichtet, wie gerecht dieser den »Umgang mit Ex-SEDlern nach der Wiedervereinigung im Vergleich mit dem Umgang mit ehemaligen Mitgliedern der NSDAP in Deutschland nach 1945« finde. Gauck sagte darauf unter anderem, »eine Entkommunisierung, wie in Tschechien, gab es nicht, anders als die Entnazifizierung nach dem Krieg«.
Gauck äußerte die Auffassung, dass »eine wesentlich kleinere Gruppe als die 2,3 Millionen Parteimitglieder hat tatsächlich Karriereabbrüche« erlebt habe. Dies sei »vor allem im öffentlichen Dienst« geschehen und habe Menschen betroffen, »die hauptamtliche oder inoffizielle Mitarbeiter der Stasi waren. Diese waren nicht vertrauenswürdig genug, um weiter als Richter, leitende Beamte, Lehrer oder Polizisten zu arbeiten«. Allerdings seien »nicht alle IM aus dem öffentlichen Dienst entfernt worden, sondern nur etwa die Hälfte. Alles in allem: Die ehemaligen Systemträger sind nicht über Gebühr belastet worden«, so der Politiker.
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