Der Makel des Versagens
In diesem Jahr gibt es 26 000 Firmeninsolvenzen
Es ist eine echte Seltenheit, dass in Deutschland jemand offen über seine eigene Firmenpleite spricht. Eine Insolvenz gilt, obwohl sie jedes Jahr zehntausendfach und in allen Branchen auftritt, noch immer als persönliche Schande. In einigen Großstädten gibt es - nach dem Vorbild der »Anonymen Alkoholiker« - Treffen im Verborgenen, bei denen sich »Insolvenzler« über ihre Ängste und Sorgen austauschen sowie sich gegenseitig Mut machen.
Während in Deutschland Betroffene als Versager tituliert werden, sieht es in den USA ganz anders aus: Hier sind Firmengründer, auch gescheiterte, ob ihres Mutes angesehen. Das Risiko gehört eben dazu. Wer scheitert, wird nicht ausgegrenzt, sondern kann es ruhig erneut probieren, vielleicht klappt es ja dann.
Die Unterschiede machen sich auch rechtlich bemerkbar. Während in den USA bei einer Firmeninsolvenz das Unternehmen eher vor den Ansprüchen der Gläubiger geschützt ist, geht es in Deutschland stärker um die Verwertung der Konkursmasse zugunsten der Banken, Geschäftspartner und Arbeitnehmer.
Insolvenz ist gekennzeichnet durch akute Zahlungsunfähigkeit. Droht diese, muss unverzüglich vor Gericht die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt werden, sonst drohen wegen Konkursverschleppung empfindliche Strafen. Das Gericht entscheidet zunächst über die Einsetzung eines Insolvenzverwalters - dabei handelt es sich meist um spezialisierte Rechtsanwälte - und darüber, ob die Eröffnung eines Verfahrens Sinn macht. Ziel ist es dabei, entweder die Zahlungsfähigkeit wiederherzustellen - etwa durch Schuldenerlass oder Streckung der Raten - oder das Unternehmen gewinnbringend abzuwickeln.
Auch wenn die Insolvenzgründe im Einzelfall höchst unterschiedlich sind - die Zahl der Firmenpleiten steigt und fällt mit dem Konjunkturzyklus. Für 2013 rechnet der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen mit rund 26 000 Unternehmensinsolvenzen. Im Vorjahr lag die Zahl bei knapp 28 300, weniger als 26 000 Fälle gab es zuletzt 1996.
Das Insolvenzrecht ist komplex, Details sind umstritten. Die Insolvenzverwalter treibt derzeit besonders ein Punkt um, was sie bei ihrem am Donnerstag in Berlin beginnenden Jahreskongress ansprechen wollen: dass Gerichte in insolventen Unternehmen immer häufiger die alte Geschäftsführung am Ruder lassen. Die Lobby der Insolvenzgewinnler, denen dadurch viel Geld entgeht, kritisiert, dass »Geschäftsleitungen im Amt bleiben, die fachlich nicht geeignet sind, das Unternehmen zu sanieren«. Hier ist er wieder: der Makel des Versagens.
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