- Politik
- Wider die Serbophobie - Verheimlichte Fakten der Kriege in Jugoslawien
Am Anfang war ein US-Gesetz
Von Franz-Karl Hitze
Meine Redakteurin schrieb mir zum Rezensionsauftrag: «Vergnügliche Lektüre kann ich dir leider nicht wünschen - bei dem Thema, dem Grauen.» Wahrlich. Der Leser muss sehr starke Nerven bereit halten, wenn er dieses Buch zur Hand nimmt. Alexander Dorin, ein Schweizer, trug Fakten zusammen, die bisher verheimlicht bzw. gefälscht wur den. Ein Buch wider die Jahrzehnte alte Serbophobie. Dem Autor geht es nicht darum, begangene Kriegsverbrechen in Frage zu stellen, gleich welcher Seite, «aber ich möchte sehr wohl», so schreibt er eingangs, «eine lange Reihe von unglaublichen Lügen aufdecken, die uns ein falsches Bild» vermittelt haben.
In dem Buch ist von Holocaust-Leugner Franjo Tudjman die Rede (der ein ethnisch reines Kroatien herbeisehnte), von Alija Izetbegovic, dem bosnischen Nationalisten, dessen Hauptziel es war, die Vereinigung aller Moslems in einem einzigen Staat herbeizukämpfen. Vukovar wird genannt und die 150 Neofaschisten aus den USA, Österreich und Deutschland, die an der Seite der Ustaschas alles mordeten, was sich ihnen in den Weg stellte. Gorazde wird erwähnt und der britische UNO-General Rose; dieser hat die Medienlüge widerlegt, dass die Serben das Krankenhaus der Stadt zusammengeschossen hätten. Berichtet wird über Srebrenica, wo moslemische Truppen im April 1992 eine Großoffensive starteten und dabei 1200 Serben «regelrecht abgeschlachtet» und 3000 schwer verletzten haben.
Dorin - übrigens ein Pseudonym (aus Selbstschutz) - bedient sich einer einfachen Methode. Er zitiert vor allem ausländische Autoren und Beobachter, die wider den Zeitgeist die Kriege in Jugoslawien begleiteten, darunter Thomas Deichmann («Novo»), ein freischaffender deutscher Journalist, der die Lüge vom angeblichen KZ der Serben in Trnopolje entlarvte - als ein serbisches Flüchtlingslager. Unter sucht werden Hintergründe der Bombenanschläge vom 27 Mai 1992 (vor der Bäckerei in Sarajevo), vom 5. Februar 1994 auf dem Marktplatz in Sarajevo, mit angeblich 68 Toten und 200 Verletzten, und dem nachfolgenden Blutbad am 28. August 1995 auf dem Marktplatz Merkale. Für alle drei Fälle wird der Nachweis er bracht, dass die den Serben zugewiesene Schuld nicht den Tatsachen entspricht. UNO-General MacKenzie bestätigte öffentlich, dass die Moslems vor der Explosion vor der Bäckerei die Straßen absperrten und nur den Zugang vom serbischen Stadtteil freihielten. Außerdem sei ein Filmteam in Wartestellung gehalten worden. MacKenzie wurde wegen seiner Aussage zu Gunsten der Serben aus dem Militärdienst entlassen. Das Paradoxe dabei ist, dass die amerikanische Organisation «Anti-Terrorist Task Force» am 1. September 1992 ein Dokument veröffentlichte, das die Schuld für den Anschlag eindeutig der moslemischen Seite gibt. Später hat auch die UNO diesen Bericht bestätigen müssen.
Erschütternd sind die Berichte von Sarah Flounders (Großbritannien), die sich mit den Vorwürfen von Massenvergewaltigungen auseinandersetzt. Sie weist nach, dass die Zahl von 30 000 Opfern vom Außenminister von Bosnien-Herzegowina, Haris Silajdzic, und aus dessen Propagandaapparat stammen. Man hat einfach die Zahl von 119 Fällen von Ver gewaltigungen hochgerechnet. Ist der Fakt, dass in Kriegen Frauen auf diese Weise Gewalt angetan wird, nicht schlimm genug, als dass man aus propagandistischen Gründen mit deren Leid noch «Zahlenspielerei» betreibt?
Dorin ist überzeugt, dass am Anfang der Zerschlagung Jugoslawiens ein amerikanisches Gesetz stand. Ein Jahr vor dem Auseinanderbrechen der SFRJ, am 5. November 1990, verabschiedete - nach seinen Erkenntnissen - der amerikanische Kongress das Foreign Operations Appropriation Law 101 513, ein Gesetz über die Bewilligung von Mitteln für das Ausland. In einem Artikel des Gesetzes sei «völlig unvermittelt und ohne Vorwarnung festgelegt, dass die USA binnen sechs Monaten Jugoslawien jegliche Unterstützung entziehen, die Handelsbeziehungen abbrechen sowie alle Kredite und Darlehen streichen würden, wenn nicht entsprechende Bedingungen gegeben wären. Bereits drei Wochen später sagte die »New York Times« voraus, dass diese Klausel »einen blutigen Bürgerkrieg« auslösen würde.
Bedrückend sind die über 100 Fotos und Abbildungen in diesem Buch von massakrierten Frauen und Kindern, ver stümmelten Soldaten und Zivilisten, die als serbische Bürger identifiziert wurden. Bilder, die nicht gezeigt werden sollten, wie das Foto, auf dem ein moslemischer Soldat zu sehen ist, der mit dem abgetrennten Kopf des Serben Blagoje Blagojevic aus dem Dorf Jasenove für einen saudiarabischen Söldner posiert.
Ein beklemmendes, aber wichtiges Buch. Gewünscht hätte man ihm ein professionelles Lektorat. Stilistische Schwachstellen werden in der demnächst bei Ahriman erscheinenden bereits zweiten, erweiterten Auflage behoben sein.
Zu wünschen ist vor allem, dass das neue Jahr ein friedliches für den Balkan bleiben wird.
Alexander Dorin: In unseren Himmeln kreuzt der fremde Gott. Selbstverlag. 295 S.. geb., 45 DM. Zu beziehen über den Ahriman Verlag, Postfach 6569 79041 Freiburq.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.