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Ein behaglich-spannendes Gedankenspiel beim Tee
Zum Genießen: Gerda M. Neumann hat einen »echt englischen Krimi« geschrieben
Es wird viel heißer Tee getrunken in diesem Buch. Es ist ja auch schon Herbst, und in Windermere Grove, einer kleinen Gemeinde in der Grafschaft Norfolk fallen die Blätter, Nebel ziehen auf, nachts wird es empfindlich kühl. Dabei ist Olivia Lawrence, wenn sie nicht gar im Herrenhaus bewirtet wird - der örtliche Adel spielt eben in England noch eine Rolle - wenn sie nicht beim Dorfarzt oder einer Heimatforscherin zu Gast ist, viel draußen unterwegs. Vor allem behält sie die Furt im Auge, wo die Leiche von Mrs. Hewitt, der Frau des Arztes, mit dem Kopf im Wasser lag, bevor Pierre Archibald Hobart-Varham sie aufnahm. Unvorsichtigerweise, denn nun wird er des Mordes verdächtigt. Er war aus Südafrika gekommen und bei seinem Verwandten Jonathan Hobart, eben jenem Herrn von Windermere, zu Besuch. Der ist sogar von Beruf Anwalt und überzeugt, dass das Gericht die Unschuld seines Neffen bestätigen wird.
Aber erstmal ist der junge Mann in Untersuchungshaft. Seine Anwältin bittet Olivia Lawrence, Journalistin aus London, sich - vorsichtig - in der Gegend umzusehen und umzuhören. Wir sind, wie es sich in einem klassischen Krimi gehört, an ihrer Seite, um ihre spannenden Recherchen mitzuverfolgen - und um uns ihre Wahrnehmungen durch den Kopf gehen zu lassen. Wenn einem dabei, bald , ein Verdacht kommen sollte, schmälert das nicht den Lesegenuss. Im Gegenteil, sollte er sich als richtig erweisen, kann man sich befriedigt zurücklehnen.
Zurücklehnen kann man sich überhaupt. Das Leben in Win-dermere Grove verläuft geruhsam. Alles ist so idyllisch, die Leute sind so nett. Um so rätselhafter, wie jemand auf die Idee kam, »diesen Frieden zu zerstören«. Und die Autorin will das ja auch nicht als trügerisch entlarven, sie will, dass wir die Störung zusammen mit der Detektivin beheben. Und der Mörder hat für Momente sogar einen hilflos freundlichen Blick.
Gerda M. Neumann, Jahrgang 1953, lebt mit ihren drei Kindern am Rande von München. Daneben sei England in den letzten drei Jahrzehnten zu einem festen Bestandteil ihres Lebens geworden, sagt der Verlag. Man merkt: Sie kennt sich dort aus (so wie die ermordete Mrs. Hewitt Deutschland kannte) und hat wohl auch schon viele englische Krimis gelesen. Mustergültig erfüllt sie die Forderungen des Genres. Agatha Christie würde huldvoll nicken. Sie wusste - das sagt im Buch Mr.Hewitt - »wie komplex jeder einzelne Mensch ist und wie wenig wir letztendlich begreifen«, trotzdem würde auch sie darauf bestehen, dass Licht in alles kommt. Und wenn es aussieht, als gäbe es auf der Wiese Gespenster, so muss das unter die Lupe, und wenn nachts schreckliche Schreie ertönen, gibt es Gründe dafür. - Ein Krimi zum Genießen - an dunklen Abenden mit einem Glas Rotwein oder eben mit einer Tasse Tee.
Gerda M. Neumann:
Windermere Grove. Ein Olivia-Lawrence-Fall. Prospero Verlag. 249 S., br., 13,95 €
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